Die unheimliche Logik des Halma

Ein Kriminalroman

von ,

Die Atomtechnologie ist ein Politikum von höchster emotionaler Kraft. Gesetzesvorlagen zu Atomfragen und anderen Großtechnologie-Projekten sind hart umkämpft und zeigen das Land stark gespalten. Der Streit um die Atomenergie beeinflusst über Jahre die Energie- und Umweltpolitik. Das politische Ringen brachte Höhepunkte einer außerparlamentarischen Bewegung hervor, die aus 68er- und Umweltschutzbewegung entstanden war, sich dem gewaltfreien Widerstand verschrieben hatte und die „kapitalistische technikgläubige Hochkonjunktur“ in Frage stellte.Der Widerstand „Atomkraft? Nein danke!” galt lange als Paradebeispiel dafür, dass ziviler Ungehorsam ein taugliches Mittel sei zur Durchsetzung politischer Anliegen, wenn andere Mittel der Politik versagen. Insbesondere nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 schien sich die soziale und umweltbewusste Haltung in der Bevölkerung duchsetzen zu können – der Widerstand hatte bis weit in das bürgerliche Lager hinein einen beachtlichen Rückhalt, gegen die vermeintlichen staatlichen Sachzwänge und die finanziell stattlichen Interessen dahinter. Bis vor kurzem herrschte im AKW-Bereich ein Moratorium – eine Art politisches Stillhalteabkommen.Der Widerstand gegen die Atomenergie ist zwar in Forschungsarbeiten zur Anti-AKW-Bewegung untersucht worden. Einen Kriminalroman, der sich auf die Machenschaften der Pro-AKW-Bewegung konzentriert, gab es bis jetzt jedoch noch nicht.Einen solchen hat nun Wolf Schluchter vorgelegt:Rolf Matt hat für seine Habilitationsarbeit umfangreiche Recherchen über Vorgänge in der Atompolitik angestellt und herausgefunden, dass einige wenige Politiker und Wirtschaftsvertreter in mafiöser Weise ihre Interessen durchsetzen. Dafür gehen sie im Zweifelsfall auch über Leichen. Die Kooperation etlicher Institutionen bewirkt einerseits geballte Macht, andererseits erzeugt sie aber auch Risiken, denen nur mit externer Hilfe – durch Agenten – begegnet werden kann. Damit werden jedoch Einzelheiten bekannt, die besser niemals an die Öffentlichkeit geraten wären, weil sie das Atomprojekt ernsthaft gefährden können.Wissenschaft, Wirtschaft und Politik gehen eine enge Verbindung ein – der Erkenntnis zum Trotz, dass die Atompläne über kurz oder lang zu Katastrophen führen können. Der Widerspruch zwischen den Interessen von Bürgern einerseits und der Atommafia andererseits bewirkt Wehrhaftigkeit gegenüber dem Atomprogramm. Wie diesem Widerstand zu begegnen sei, ermitteln Sozial- und Gesellschaftswissenschaftler vereint mit Polizei und Sicherheitsagenten. Hauptsache die Kasse stimmt und der Ehrgeiz einflussreicher Leute findet Befriedigung.Am Ende steht die Frage: Wie soll es weitergehen, trotz der breiter werdenden Ablehnung der Atomenergiepläne und angesichts der Erkenntnis, dass das Atomprogramm mit Lügen und Fälschungen durchgesetzt wurde.Asse und Gorleben sind Namen – heute aktueller denn je.