Die Diakonissin

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Gutzkows düster grundierter Kurzroman ‚Die Diakonissin‘ (1855) setzt sich mit der seit 1849 immer einflussreicher werdenden ›Inneren Mission‹ und dem damit verknüpften Diakonissenwesen auseinander. Bereits seit 1850 hatte sich Gutzkow mit dieser Reaktion protestantisch-konservativer Kreise auf die zunehmende soziale Verelendung, die wachsende Zahl ›Ungläubiger‹ und das Erstarken demokratischer und sozialistischer Bewegungen kritisch auseinandergesetzt. Die Ausübung christlicher Nächstenliebe erschien ihm suspekt, weil sie verbunden mit kirchlichem Bekehrungseifer und klerikaler Agitation auftrat. Aber auch die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer drängender werdende ›Frauenfrage‹ greift Gutzkow in dem Roman auf: das Verhältnis von weiblicher Erwerbstätigkeit, Selbständigkeit und ehelicher Bindung.
Im Mittelpunkt des Romans steht die junge Constanze Artner, die den Entschluss gefasst hat, ihre gescheiterte Verlobung mit dem Arzt Alfred Wolmar zu kompensieren, indem sie der Liebe gänzlich entsagt und als Diakonisse Kranke und Sterbende pflegt. Eines der zentralen Kapitel besteht aus den Tagebuchaufzeichnungen von Constanze Artner aus ihrer Probezeit in einem Krankenhaus, für das die 1847 eröffnete Diakonissenanstalt ‚Bethanien‘ in Berlin das Vorbild abgab. Zwar finden am Ende die Liebenden, beide nunmehr geprüft und geläutert, unterstützt durch einen wohlgesonnenen Freundeskreis doch noch zueinander, doch aufgrund der nicht mehr hintergehbaren Erkenntnis der tristen conditio humana bleibt eine melancholische Grundstimmung bestehen.