Zwischen privater Erinnerung und kulturellem Gedächtnis der Bundesrepublik
verläuft ein mentaler Riss, was den Zweiten Weltkrieg und die Rolle der
Wehrmacht betrifft. Die aggressiven und mitunter auch gewalttätigen
Reaktionen auf die Ausstellung über die »Verbrechen der Wehrmacht« in den
späten 90er Jahren belegen dies deutlich. Auch heute, 2010, 65 Jahre nach
der Befreiung vom deutschen Faschismus, hat sich daran nichts geändert.
Dennoch sollen diese beiden Publikationen ein Beitrag gegen das Vergessen
sein. Die handschriftlichen Zeugnisse deutscher Wehrmachtsangehöriger, aus
dem Staatsarchiv in Moskau, bilden den Inhalt des Bandes: »Stets zu
erschießen sind Frauen, die in der Roten Armee dienen«. Es sind persönliche
Berichte über eigene und miterlebte Greueltaten. Sie vermitteln das Bild
eines perversen Alltags der Gewalt: eine Mischung aus Mord und Sadismus,
Raub und Menschenquälerei. Der fotografische Essay von Jakob Gleisberg,
dessen Großvater als Wehrmachtssoldat am Krieg gegen die Sowjetunion
beteiligt war, befasst sich mit der Fragestellung von Schuld und Versöhnung,
sowie dem privaten, wie kollektiven Erinnern. Von Oktober 2005 bis Januar
2006 bereist er jene Städte und Orte in Polen, Belarus und der Russischen
Förderation, die sein Großvater als Wehrmachtssoldat bekämpft hatte.
Entstanden ist eine sehr persönliche Dokumentation, eine sich
fortschreibende fotografische Erzählung.
- Veröffentlicht am Sonntag 17. November 2024 von disadorno edition
- ISBN: 9783941959019
- 56 Seiten
- Genre: Belletristik, Essays, Feuilleton, Interviews, Literaturkritik