Die Eignung

Roman

von

Lars Hagner ist Hausmeister in einem Neubaugebiet im Osten Berlins. Mieter und Verwaltung schätzen den fleißigen Junggesellen. Nur Ljuba, die 13jährige Nachbarstochter, verfolgt ihn mit Argwohn: „Ich beobachte ihn. Er geht durch die Keller. Durch die Wohnungen.“ Ljubas Misstrauen trifft ins Schwarze: Hagner führt ein Doppelleben. Als Handlanger und Vollstrecker dient er seinem einstigen Zugführer, Oberleutnant Bossert. Während seines Wehrdienstes bei der Bereitschaftspolizei wurde der asketische Offizier für den jungen Hagner zum leuchtenden Vorbild, dem er blind vertraut. Als Bossert ihn nach dem Ende der DDR auffordert, in einer konspirativ geführten Partisanenarmee für die gewaltsame Beseitigung des Kapitalismus zu kämpfen, ist Hagner mit fliegenden Fahnen dabei.

Lars Hagner ist Preuße und Trotzkist. Den realen Sozialismus verachtet er als verweichlicht und verlogen. In der Kaserne hat er in der soldatischen Existenz die ihm gemäße Lebensform gefunden. „Gestellte Aufgaben zu erfüllen“, wird zu seinem Daseinszweck. Der Anschluss an den Westen war für ihn ein Schock. Er verlor jede Perspektive und war mehr als dankbar, unter Bosserts Führung weiterleben und der Revolution dienen zu können. Selbst als er mit Hinweisen konfrontiert wird, Bossert sei nur ein Krimineller, der ihn für seine Zwecke missbraucht, kann das seinen Glauben an die Bewegung nicht erschüttern.

Die Eignung ist ein Roman über Sehnsucht, Fanatismus und Manipulierbarkeit. Als Rechenschaftsbericht des inzwischen 42jährigen Hagner angelegt, dokumentiert der Text den Widerstreit von romantischen Träumereien, soldatischem Pragmatismus und Hass. Die Sprache macht diese Spannung sinnlich erfahrbar. Biegsam und kraftvoll sagt sie, was zu sagen ist, und bleibt sparsam selbst im Pathos, das bei der Beschreibung von Erinnerungen an Kindheit und Jugend anklingt. Der Autor entwirft das verstörende Porträt eines unscheinbaren Zeitgenossen zwischen DDR-Sozialisation und Gegenwartsverweigerung: „An dieser Ordnung interessiert mich nur ihre Beseitigung. Dazu ist jedes Mittel recht.“