Mach die Linsen scharf: Der Titel des ersten Gedichtbandes von Ernst Nef scheint bereits zu verraten, worum es in diesen Gedichten gehen könnte. Die Augen öffnen, die Welt durchschauen. Aber der Appenzeller, der im Kanton Zürich lebt, weiss, dass der Titel durchaus anders verstanden werden kann, im Zusammenhang mit Linsengericht. Nef ist alles andere denn ein Programmdichter. Zwar kann er bitterböse sein, handkehrum spielt und schabernackt er aber mit der Sprache, kreiert Wortschöpfungen und macht allfällige Neunmalkluge zum Narren, die glauben, den tieferen Sinn eines Nef-Gedichtes soeben für alle Zeiten entdeckt zu haben. Besser also, man freut sich einfach über seine Zeilen: Da „gurgelt“ ein Du „im Abfluss“, dort wird im Auto gesungen, anderswo „entscheidet die Attraktivität des Slip über die Nachfrage“ oder ein „verschollenes Traumtier schleicht truglos mitten ins Herz“. Zynisch kann Nef trotzdem sein: „Nimm deinen Hund / an die Leine, schneidiger Jäger / sonst kraul‘ ich ihm traulich unterm Hals / und jage ihm all die Angst ein / die er vor dir hat“. Finden Sie bitte selber heraus, wo Ernst Nef sich fröhlich gibt und wo er mit dem Zeigefinger meint, so nicht, meine Damen und Herren. Auf alle Fälle bereitet es Spass, seine Gedichte zu lesen. Sie wecken uns, öffnen Türen.
- Veröffentlicht am Dienstag 24. Dezember 2024 von Orte Verlag
- ISBN: 9783858301024
- 44 Seiten
- Genre: Belletristik, Lyrik