Das riskierte Ich

Gedichte und plastische Gedichtbearbeitungen

von ,

Die Sicht jenseits des Augenblicks mag mal bitter, manchmal licht sein. Manfred Grüttgen weiß um die Bitterkeit des Lebens, doch er lässt seine Leser nicht darin ertrinken. Er sieht die letzten Funken in der verebbenden Asche, nicht den sterbenden Rest. Dabei gelingt es Grüttgen stets, den Leser mit seinen eigenen Erwartungen zu konfrontieren. Seine Sätze nehmen genau dort eine plötzliche Wendung, wo wir schon zu wissen glauben, wie sie enden.
In Gedichten suchen wir ihn vielleicht, den Zugang zur „eigenen verletzlichen Wahrheit“. Manfred Grüttgen stellt sich im „riskierten Ich“ seinen Dämonen. Einsamkeit, Zerbrechlichkeit, die zerbrochenen Träume eines gelebten Lebens zerren an diesem lyrischen „Ich“. Doch es hat Bestand. Es rettet sich in und durch die Sprache. In „Das riskierte Ich“ verknappt der bekannte Herdecker Dichter Manfred Grüttgen seine Sprache weiter, verdichtet sie, bis die Worte selbst eine schmerzhafte Intensität gewinnen. Grüttgens Sprache überwindet die oftmals trübe Wirklichkeit und ringt ihr einen Funken Hoffnung ab. Sie begibt sich hinab in das Reich der Ängste und Träume, um sie zu überwinden. Doch dieser Sieg hat nichts triumphierendes, eher eine schmerzende Klarheit. Die Gedichte von Manfred Grüttgen begleiten den Leser auf die Reise ins Innere. Wir leben in einem „Käfig angstgefüllt mit Traum“, doch wie durch ein Wunder ‑ und ein solches ist die Sprache ‑ können wir entkommen. Geleitet von einer höheren Macht, die Gott heißen kann, aber nicht muss, schafft es die Unmöglichkeit „meinen Fuß vor den anderen zu setzen“. Wir spüren dabei einen Hauch der radikalen Einsamkeit des Schriftstellers, der für uns ‑ die Leser! ‑ sein Ich riskiert.
Die Sicht jenseits des Augenblicks mag mal bitter, manchmal licht sein. Manfred Grüttgen weiß um die Bitterkeit des Lebens, doch er lässt seine Leser nicht darin ertrinken. Er sieht die letzten Funken in der verebbenden Asche, nicht den sterbenden Rest. Dabei gelingt es Grüttgen stets, den Leser mit seinen eigenen Erwartungen zu konfrontieren. Seine Sätze nehmen genau dort eine plötzliche Wendung, wo wir schon zu wissen glauben, wie sie enden. Selig sind die, die ihr Ich riskieren. Denn wer sich nicht verletzbar macht, der hat nicht gelebt. Das „riskierte Ich“ ist der Band eines Autoren, der auf ein reifes Lebenswerk blicken kann. Und der seinen „Baum des Erinnerns“ bestaunen und umarmen kann. Er blickt zurück erhobenen Hauptes. Und ist dennoch ungebeugt entschlossen zum neuen Aufbruch. „Das riskierte Ich“ ist ein Buch für Menschen, die sich berühren lassen. Vom Leben und von den zauberhaften Versen des Manfred Grüttgen. Steffie Friske