Ulrich Horndash, die Straße

Gedichte

von

“Auf der Straße finde ich alles, was ich für mein Gedicht brauche.” Treffender läßt das Werk sich kaum bescheiben, das der Künstler Ulrich Horndash hiermit vorlegt, ein
riskantes Spiel und lyrisches Bekenntnis zur freien Impro­visation.

Die Straße wird in diesem Buch als Sprachraum wahrgenommen, voller Namen, Wörter und Begriffe, als ein Raum der Zwecke und Absichten, die sich unaufhörlich mitteilen möchten in den Verlautbarungen des Handels, der Werbung und der Presse. Hier ist alles Tendenz, erscheint spontan und unvermittelt, die Metaphern wechseln wie die Phrasen und Klischees, das Auge springt von Wort zu Wort, die Straße wird zum Laufband einer Bildmaschine, die zur selben Zeit hervorbringt und zerstreut.

Das alles ist an sich bekannt. Das Experiment beginnt, so­bald man die Straße beim Wort nimmt. Der Dichter hält, die günstige Gelegenheit des Augenblicks ergreifend, den Text der Straße fest und stellt ihn in eine durch den Zufall bestimmte Reihenfolge. Die Technik der Collage erlaubt eine hohe Auflösung: Sinnzusammenhänge werden hart geschnitten, Bildfragmente rasch sortiert. Neue Beziehungen treten in Kraft. Vom Zweck befreit, entwickeln sich Begriffe zu Phantomen. Jede Passage zeigt ein anderes Gesicht, ist ebenso merkwürdig wie haarsträubend, ein blaues Wunder des Absurden bei weitgehender Tilgung des Sinnes.

Wie man hört aus informierten Kreisen, sind der Dichtkunst Wunder viele. So schenkt sie den Bedrängten Zuspruch in der Not, gibt Antwort auf die Lebensfragen und verwandelt den physischen Raum in Poesie. Der Dichter aber ist nur Werkzeug, denn das Gedicht der Straße schreibt sich selbst.

Simon Penrose