Stadt der schwarzen Tore

Gedichte aus Theresienstadt / Gesammelte Gedichte 1938-1990

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Als Salomon Pollak kam er 1914 in Mährisch Aussee, damals noch Österreich-Ungarn, zur Welt; in der nach 1918 tschechischen Umgebung wurde daraus Vlastimil – ‚der Vaterlandsfreund‘ – Artur Polák. Seine geistige Heimat fand Polák jedoch in der deutschen Literatur und den jüdischen Überlieferungen. In diese Welt brach 1938 die bedrohliche Wirklichkeit des Münchner Abkommens und kurz darauf brennender Synagogen im Sudetenland. Am 15. März 1939 rollten deutsche Panzer durch Prag, und in ihrem Gefolge hielten Gestapo und Nürnberger Gesetze auch im restlichen Böhmen und Mähren Einzug. Der Bestimmungsort für die Juden, die sich nicht ins Ausland retten konnten, hieß Theresienstadt (Terezín). Zynisch als ‚Stadt für die Juden‘ inszeniert, entpuppte sich das dortige ‚Ghetto‘ als Durchgangsstation auf dem Weg nach Treblinka und Auschwitz.

Vlastimil Artur Polák wurde zum dichterischen Chronisten dieser Ereignisse, schrieb über ‚Adolf Hitler, den wahnsinnigen Gott‘, die Judenprogrome des 9. November 1938, über Gestapo-Razzien, Widerstand und das KZ. Umgeben von täglichem Leid, in ständiger Erwartung auch der eigenen Ermordung, schuf sich Vlastimil Artur Polák im Schreiben von Gedichten einen Bezirk der Freiheit: in Versen des Trostes und der Liebe, der Verzweiflung und des Trotzes.
Polák, zuletzt Mitglied einer geheimen Widerstandsgruppe im Ghetto, überlebte die Verfolgung; auch seine Gedichte konnte er retten. Spätestens nach der kommunistischen Machtübernahme 1948 gab es in der Tschechoslowakei jedoch kein Publikum mehr für einen deutschsprachigen jüdischen Dichter. Die ‚Samtene Revolution‘ von 1989 konnte er schließlich noch feiern, auf Václav Havel verfaßte er eines seiner letzten Gedichte.
Erst nach seinem Tod 1990 trat sein ganzer schöpferischer Reichtum zutage, sein Nachlaß umfaßt viele Hundert unveröffentlichte Gedichte. Zum bestimmenden Thema seiner Dichtung wurden erst die unmittelbaren Eindrücke in Theresienstadt und dann sein ‚Schreiben nach Auschwitz‘, das ihn sein ganzes Leben lang beschäftigte.
Mit Vlastimil Artur Polák kann nun ein Dichter entdeckt werden, dessen Werk manche Parallelen zu dem seiner weitaus bekannteren Leidensgenossen – wie Petr Kien und H.G. Adler – aufweist. Die Beschäftigungen mit der Kultur in Theresienstadt sind um ein wichtiges Kapitel zu ergänzen. In der deutsch-jüdischen Literatur tritt mit Polák ein neuer Name zu denjenigen, die durch die Erfahrung der eigenen Verfolgung zu Dichtern reiften: neben Nelly Sachs und Paul Celan, Rose Ausländer und die jung umgekommene Selma Meerbaum-Eisinger.