Reise durch die Heimat

Von Offenbach nach Temeswar

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Donauschwaben. Es klingt wie ein Land, ist aber ein Sammelbegriff der deutschen Siedler, die sich seit dem achtzehnten Jahrhundert – in Gebieten des heutigen Rumänien – an der Donau niederließen. […] Eben dort knüpft die Donauschwäbin Katharina Eismann mit ihren Worten an, denn sie trägt jene Herkunft in sich. Welche Herkunft? Auch sie hat ihre Heimat verlassen, nach den Ereignissen des zwanzigsten Jahrhunderts, die die deutsche Volksgruppe mehrheitlich zur Auswanderung zwangen. Multikulturell war Temeswar einmal, ist mit seiner rumänischen Bevölkerung zu Beginn des 21. Jahrhunderts – bis auf wenige Prozent »Fremdes« – ethnisch homogen:

Temeswar, auf deinen Gräbern pfeifen Chrysanthemen
und deine Gassen rosten.

Heute lebt sie in Offenbach/M, das keineswegs mehr homogen, dafür seit der Nachkriegszeit immer »bunter« aussieht. Ist das alte Temeswar etwa von der Donau an den Main gewandert? Liegt der Balkan nun in Offenbach? Für Katharina Eismann
besteht bei solchen Fragen kein Zweifel, deshalb schreibt sie ihre Gedichte, die Gratwanderungen sind:

Als der Main zur Donau wurde / verschlang er Fußballplätze, / dass die Vereine wackelten

Katharina Eismanns Sprachreichtum und Erfindungsgeist verbinden die Donau mit dem Main. Ihre Gedichte sind Zustandsbeschreibungen einer abwechslungsreichen Reise, deren Ziel »Heimat« ist. Alles ist in Bewegung, vor allem auch die Sprache, bei der sich die Autorin geschickt ihres Fundus richtungweisender Verhältnisworte bedient: von, aus, nach, angekommen in polentagelben Weiten, die gemeinsam mit anderen Synonymen »Heimat« sind, spannen sich die inneren Bilder.

Aus dem Vorwort : Dr. Jürgen Eichenauer / Leiter Haus der Stadtgeschichte, Offenbach am Main