münden – entzüngeln

Gedichte

von

Diese Gedichte „strudeln“, „entstieben“, sie dringen unter
die Haut, machen hellhörig, lösen die Zunge, reichen bis tief
in die Lungenspitzen. Der Sprachsog von Anja Utlers lyrischen
Verflechtungen zieht uns hinein ins Wechselspiel jener
ungeschiedenen, vorbewussten Ganzheit, wo Innen und
Außen, Körperliches und Naturhaftes in- und auseinder fließen.
Ganz dem Augenblick verpflichtet, rühren sie an jenen
Grund, wo das Sprechen beginnt, wo das Fühlen, das Denken
sich sammelt und umschlägt, aus dem Körper bricht, eher
noch Atemgeräusch denn gestalteter Laut. Und zischelnd,
knackend, murmelnd blitzt aus dem sich reibenden, klingenden
In-, Mit- und Gegeneinander die anarchisch-lebendige
Welt hervor – ungeschaut, geheimnisvoll.
Für ihre Gedichte aus „münden – entzüngeln“ wurde Anja Utler
die wichtigste Auszeichnung für junge Lyrik im deutschsprachigen
Raum, der Leonce-und-Lena-Preis, verliehen. Die Jury
würdigte die gespannte Balance ihrer Gedichte als „Sprachspiele
gesteigerter Weltwahrnehmung, die aus der Substanz der Wörter
jene Leuchtstreifen entwerfen, an denen sich unsere Neugierde, aber auch unsere Verstörungen im Erkunden der Sprache entlang tasten“.

„Das ist ganz selten: Anja Utler empfindet die Sprache. Daher schreibt sie so hart und so blitzend, so mitleidend genau. Daher die sibyllinische Klarheit und der bestürzende Reichtum ihres Gedichts.
Ich kenne jetzt kaum jemanden, egal in welchem Alter, der Anja Utler das Wasser reichen könnte. Das gilt auch für die hoch entzündliche Präzision ihres Vortrags.“
Thomas Kling