Traditionelle Tugendlehre als angwandte Ethik

Von allgemeinen Normen zum konkreten Handeln.

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Gegenwärtig gibt es auf ethischem Gebiet Versuche, die abstrakten Begründungstheorien von allgemeinen Normen durch eine „angewandte Ethik“ zu ergänzen, welche sich der Bewältigung konkreter Handlungssituationen widmet und zu den speziellen Bereichsethiken hinführt. Im Zentrum steht ein Problem, wie es von abstrakt allgemeinen Normen einen vermittelnden Übergang zum konkreten Handeln geben könne.
Für eine Klärung des Problems kann aber auch ein erneutes Studium wichtiger Ethik-Texte der – auf Platon und Aristoteles zurückreichenden – Tradition über die Tugenden sehr hilfreich sein, da sie die allgemeinen Normen, die Tugenden, von den konkret handelnden Menschen her gewinnt, um sie dann wieder auf konkretes Handeln anzuwenden, also genau den gesuchten Übergang zu vollziehen. Insofern wird die traditionelle Tugendethik wieder unerwartet aktuell. Sie war lange Zeit vernachlässigt, wegen des (empiristischen) Vorurteils, dass sie nur lebensferne Tugendideale anbiete.
Die vorliegende Abhandlung greift Hauptlehren der traditionellen Tugendethik wieder auf, um sie mit gegenwärtigen Entwürfen „angewandter Ethik“ in Vergleich zu bringen, sowie auch in heute geführte Erörterungen einer Reihe weiterer Ethikprobleme einzubeziehen.