Nicht die historisch korrekte Rekonstruktion eines Lebens steht im Mittelpunkt der Gedichte, Erzählungen und Essays dieses Buches. Vielmehr wird der Frage nachgegangen, wo das besondere Element weiblicher Biografien liegt. Die Antworten sind dabei so zahlreich wie die Beiträge. Gleichwohl lassen sich Gemeinsamkeiten herausfinden.
Zum einen ist es die in vielen Fällen unfassbare Aufgabe eigenen materiellen Lebensglücks, im Regelfall erzwungen durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die Frau bis heute in eine letztlich dienende und erleidende Funktion hineinzwingen. Doch ein zweites Moment wird dabei ersichtlich. Gleichgültig welche Rahmenbedingungen vorliegen, welches Ausmaß an individueller und gesellschaftlicher Freiheit oder Unfreiheit im Einzelfall erreicht wird, beinahe in allen Fällen ist das ‚Lächeln der Augen’ spürbar. Dieses Bild der lächelnden Augen steht dabei für eine besondere Verbundenheit mit dem Leben. Frauen ahnen, erfühlen und verstehen in einer gänzlich anderen Weise als Männer die Möglichkeiten eines humanen Lebens, einer menschlichen Gesellschaft. So ist genau dann in allen Geschichten, wenn das Lächeln der Augen nicht mehr für den Leser zu spüren ist auch deutlich, dass der Glaube und die Hoffnung auf ein lebenswertes menschliches Leben aufgegeben worden ist.
Von diesem Ansatz ausgehend ist es auch keinesfalls verwunderlich, dass in dieser Anthologie nicht ausschließlich Autorinnen zu Wort kommen. Zwar liegt bei ihnen der Vorteil eines direkteren Nachempfindens weiblicher dargestellter Biografie. Doch das ‚Lächeln der Augen’ als Synonym der Hoffnung auf eine menschlichere Form individuellen und gesellschaftlichen Lebens ist auch männliches Anliegen. Es ist eben besonders weibliche Biografie, die diese humane Sehnsucht ausdrückt. Bleibt zu hoffen, dass sich damit auch der Leserkreis keinesfalls auf ein weibliches Publikum beschränkt.
- Veröffentlicht am Dienstag 18. November 2003 von Geest-Verlag
- ISBN: 9783936389739
- 244 Seiten
- Genre: Belletristik, Erzählende Literatur