Der durchgelaufene Sand der Zeit

von

Hans Martin, ewiger Student, hat am Morgen Hanna Hansen, die Frau, mit der er gemeinsam den Hansenhof und eine monatliche Apanage geerbt, mit der er sieben Jahre auf dem schönen Anwesen gelebt hat, beigesetzt.
Die ungewohnte Stille des abgelegenen Hauses schmerzt. Sein Leben wird einsam werden, weiß er. Mit Rotwein und Kaminfeuerwärme kämpft er dagegen an. In dieser Nacht will er sich erinnern, danach auf den Dachboden gehen, sich erhängen. Oder doch lieber ein Fest veranstalten?

Der Autor führt uns, die Lesenden, durch ein Puppenheim bebildeter Emotionen. Das zersplitterte Kaleidoskop eines bürgerlichen Lebens. Die Blicke in diesem Guckkasten lassen Namen erkennen. Edith, Anke, Elke oder Hanna heißen sie. Diese Frauen dienen dem Sex, der ja das „wahre“ Leben bedeuten soll. Das ist das punktgenaue Abbild einer Mehrheit in unserer satten, bundesdeutschen Gesellschaft. Es sind die nahezu bekenntnishaften Aufschlüsse über das Selbstverständnis eines Bürgers der heutigen Zeit, die zum teils amüsant, teils schmerzlichen Nachdenken zwingen.

Michael Meinicke