„Gewiss! Vater Homer, der weißbärtige griechische Barde, würde nicht den edlen Odysseus, nein, er würde den edlen Ritter Schnapphahnski besungen haben, wenn Vater Homer nicht zufällig in einer Zeit gelebt hätte, wo man weder Klavier spielte noch Manila-Zigarren rauchte, wo man weder an Berlin noch an Don Carlos dachte. Homer ist tot. Ich lebe. Das Letztere freut mich am meisten. Was Homer nicht tun konnte: ich tue es. Homer besang den Odysseus – ich verherrliche den Ritter Schnapphahnski.“ Mit diesen Worten beginnt der stürmische Roman Georg Weerths, der „der Gegenwart zur Lust, der Nachwelt zu unauslöschlichem Gelächter“ gegeben wurde, und der sich über den Adel, seine Gespreiztheit und seine Überkommenheit lustig macht.
Georg Weerth selbst ist ein weithin unbekannter Dichter, obwohl sein Gedicht „Das Hungerlied“ in Schulbüchern steht. Dabei war Weerth Zeit seines kurzen Lebens (1822 – 1856) durchaus einflussreich. Er traf den verehrten Heine in Paris und arbeitete gemeinsam mit Marx und Engels an der „Neuen Rheinischen Zeitung“, in deren Feuilleton auch der Roman zum ersten Mal erschien. Für diesen Roman musste Weerth drei Monate ins Gefängnis, er habe, hieß es, eine reale Person verunglimpft, die daraufhin ermordet worden sei.
Nils Folckers beschreibt in seinem Nachwort die Absurdität dieser Klage, vor allem aber gibt er Antwort darauf, warum dieser Dichter, den Engels „den ersten und bedeutendsten Dichter des deutschen Proletariats“ nannte, in Westdeutschland ignoriert wurde, und warum er auch im heutigen Deutschland kein anerkannter Klassiker werden kann.
- Veröffentlicht am Donnerstag 4. Mai 2006 von Verbrecher
- ISBN: 9783935843652
- 228 Seiten
- Genre: Belletristik, Erzählende Literatur