Roter Faden des vielschichtigen Textes ist die Kaisermelodie Haydns,
von den Deutschen für ihre Nationalhymne adaptiert. Die „Reise nach
Wien“ bedeutet demgegenüber eine Rückkehr zu deren Ursprung, indem sie
dort noch einmal in ihrer wahren Intention und Gestalt erklang: Im
Stephansdom, anlässlich des Begräbnisses der letzten österreichischen
Kaiserin Zita am 1. April 1989. Das Miterleben der damaligen Ereignisse
durch den Autor in einer Mischung aus historischer Chronologie und
fiktionalen Elementen wird durchgängig begleitet von
musikgeschichtlichen Betrachtungen und mehr noch von
geschichtsphilosophischen z. T. auch geschichts-theologischen
Reflexionen über Österreich, Deutschland, die Völker im Südosten
Europas und die jahrhundertelange Funktion der „Casa dAustria“.
Bestimmend ist dabei die These, dass die Donaumonarchie heute mehr denn
je eine bessere Leitidee darstellt als das Modell des in sich
geschlossenen Nationalstaates, auch wenn die konkrete imperiale
Ausformung durch das Haus Habsburg durchsetzt war von tragischen
Schicksalsschlägen, aber auch von politischen Fehlentscheidungen und
persönlichem Versagen. Und dennoch bewahrte das Gebilde unter den
Schwingen des Doppeladlers unendlich viel aus der Tradition des
„Heiligen Römischen Reiches“, auch über 1806 und 1866 hinaus. Es
bewahrte diese Kontinuität in der weiteren Horizontale seiner Völker
und Sprachen und in der Bewahrung einer nur ihm eigenen Vertikalen: Der
Transzendenz der „Heiligen Zeichen“, der Reichskleinodien in der
Schatzkammer der Wiener Hofburg, zeitenüberdauernd so wie Haydns „Gott
erhalte!“.
Bezugspunkte in diesem geschichtstheoretischen Diskurs sind die
literarischen Werke von Grillparzer, Joseph Roth, Reinhold Schneider
und Friedrich Heer. Dabei geht es nicht um wissenschaftliche
Systematik, diese wird vielmehr ersetzt durch den autobiographischen
Rahmen der „Reise“, der es möglich macht, persönliche Erinnerungen,
aber auch aktuelle Begebenheiten einzubeziehen.
Paul Ludwig Sauer, Professor Dr. phil., geb. 1930 in Fulda, war in den
40 Jahren seiner beruflichen Tätigkeit je zur Hälfte Lehrer und
Hochschullehrer, zuletzt an der Katholischen Fachhochschule
Norddeutschland (Osnabrück und Vechta). Von seinen zahlreichen
Publikationen sind viele im Grenzbereich zwischen
Literaturwissenschaft/Literaturdidaktik, Pädagogik und
Philosophie/Theologie angesiedelt, so vor allem die Monographie über
die Josephs-Romane Thomas Manns unter dem Titel „Gottesvernunft11
(1996), die drei-bändige Untersuchung über die spezifische Gattung des
Bildungs- und Entwicklungsromans („Geleitete Leben“: 2000 – 2004), eine
Darstellung des Kunstmärchens (2005) und der Diskursbeitrag zur
Religionsphilosophie Hegels (Nach-denkender Glaube“: 2007). – P. L.
Sauer lebt in Bissendorf-Natbergen bei Osnabrück.
- Veröffentlicht am Mittwoch 5. August 2009 von Geest-Verlag
- ISBN: 9783866851894
- 188 Seiten
- Genre: Belletristik, Erzählende Literatur