Kassandra

von

Paul Böll befindet sich schon lange in der Krise. Er steht sowohl im inneren als auch im äußeren Konflikt. Er will sich nicht anpassen und konform, sondern er selbst sein. Seine Familie und sein Umfeld reagieren seit Jahrzehnten böse darauf. Er wird ignoriert und gemieden. Nur seine Tochter und sein Hund stehen noch zu ihm. Man hat sogar vor, ihn psychiatrisch auszuschalten, ihn in ein psychiatrisches Pflegeheim abzuschieben, weil man sein selbstbestimmtes, von der Norm und der Konformität abweichendes Verhalten falsch interpretiert und deshalb die Tatsachen auf den Kopf stellt. Dass Paul Böll ein begabter, sensibler Intellektueller ist, wird nicht wahrgenommen. Auf einen solchen Gedanken käme niemand, diese Möglichkeit schließt man von vornherein ganz aus. Absurderweise hält man ihn für einen sich selbst und andere gefährdenden Dementen, einen geistig Behinderten, der nicht mehr weiß, was er tut. Nicht nur sein dörfliches Umfeld, auch die eigene Familie schämt sich seiner und stuft ihn als geisteskrank und gefährlich ein. Außerdem ist Paul Böll wegen seines Bekenntnisses zu einer „nichtchristlichen Hindu-Sekte“ den streng und eng gläubigen Katholiken seiner ländlichen Umgebung ein Dorn im Auge und ein Stein des Anstoßes. Als die Scheune seines Elternhauses brennt, glaubt man, endlich etwas in der Hand zu haben, den ungewollten Klotz am Bein und die Schande und Gefahr, für die man ihn hält, los werden zu können, indem man eine Heimunterbringung beantragt. Denn auch die skrupellose Habgier ist im bösen Spiel. Die Versicherung würde den Brandschaden nur bezahlen, wenn man mit der Lüge durchkäme, Paul Böll hätte das Gebäude in einem Zustand der Unzurechnungsfähigkeit und des Verwirrtseins in Brand gesetzt. So versucht man, in diesem Sinn einen Betrug der Versicherung durchzusetzen. Hinter diesem mehr oder weniger vordergründigen Geschehen steht jedoch eigentlich ein hinterlistiger Plan, den die intelligenteren Akademiker, Heimat- und Geschichtsforscher geschmiedet haben, die Paul Bölls literarische Veröffentlichungen für eine Gefahr halten. Sie sind in nichtöffentlichen Sitzungen zu der Meinung gelangt, Bölls Bücher würden ihr für die touristische Werbung aufgebautes Image von der gut katholischen ländlichen Dorfidylle, in der die Welt noch in Ordnung wäre wie anno dazumal und wo es zudem noch interessante Geschichte und Tradition kennen zu lernen gäbe, zerstören. Doch Familie, Dorfgemeinschft und akademische Intelligenz irren sich schwer. Allmählich beginnt man zu verstehen und einzusehen, wie intelligent, listig, schlau, begabt und talentiert Paul Böll ist. Eine einstige Jugendliebe tritt wieder in sein Leben. Wird sich Paul Bölls Schicksalsblatt nun wenden? Wird man seinen wundervollen Geist erkennen?