Der Fango ist es nicht allein

Erinnerungen an Kursonne und Kurschatten. Roman

von

Wird in diesem Buch auch immer mal wieder von Fango die Rede sein, so sind es in der Hauptsache doch die Erlebnisse, die Begegnungen und Erfahrungen, welche man en passant gewissermaßen rein zufällig während solcher Kuraufenthalte „gratis“ drein bekommt und im Erinnern mit sich nach Hause trägt. Erlebt und erfahren habe ich sie in einem Zeitraum von zehn Jahren, in denen ich regelmäßig nach Abano gereist bin, um mich Fangoanwendungen und Massagen zu unterziehen, die mir wirklich sehr gut taten und immer noch tun.
Seien dies Beobachtungen, gemacht an glücklichen oder auch traurigen Mit-Kurgästen, oder deren mir anvertraute Lebensgeschichten, erzählt von Menschen, die wie ein Chamäleon in einem neuen, anonymen Personenkreis auch selbst zu neuen, anonymen, anderen Menschen werden; zu Menschen, die in fremden Kulissen „eine Rolle spielen“, in denen sie sich gut, schön, begehrenswert und geachtet fühlen. Eine Rolle, die zu verkörpern sie sich in ihrem heimischen Milieu niemals getrauen würden. Oder seien es selbst erlebte Höhepunkte und unerwartete Glücksmomente wie auch tiefe Enttäuschungen.
Fango ist für viele Zeitgenossen nicht ausschließlich eine Therapie für den strapazierten, abgenutzten, ja leidenden Körper. Eine Fango-Kur, wie natürlich auch jeder x-beliebige andere Kurlaub, ist für manche Zeitgenossen die einzige Möglichkeit, einmal jährlich aus ihrer Pflichtschiene auszubrechen; selbst einmal zu bekommen, was sie sonst nur geben; selbst beachtet, verwöhnt und bedient zu werden und einfach einmal „Jemand“ zu sein und als „Jemand“ behandelt zu werden.
Natürlich wird dieses Buch auch dem Fango und seiner Jahrtausende alten Heilkraft gerecht. Doch es reist eben nicht nur der Körper nach Abano: Die Seele reist mit und sucht bisweilen, was sie zu Hause nicht findet.