Eine Tasse Tee

von

Mit scheinbar leicht dahingeschriebenen Sätzen entführt uns Brigitte Petzold in ihre Welt. Zu dieser gehören sowohl Erinnerungsschätze aus der Kindheit als auch Beobachtungen und Ereignisse, die noch ganz frisch sind. Viele, vor allem Ältere, werden sich beim Lesen sagen: “Ja, so ist es gewesen” und “Gut, dass das jemand zu Papier gebracht hat. So können diese Dinge nicht verloren gehen”. Denn die in diesem Büchlein veröffentlichten Geschichten haben eine Gültigkeit, die über die Orte Burgkemnitz und Altjeßnitz – in denen sie sich einst tatsächlich ereigneten – hinausgeht. Sie erfassen etwas vom Geist der Zeit. Und mehr noch: Sie berichten vom Leben, Leiden und Hoffen der kleinen Leute, deren Existenz vom Strudel der Ereignisse erfasst und weitgehend bestimmt wird. Dabei werden diese jedoch nicht zu Verlierern. Mit einer gehörigen Portion Humor, die manchmal unmittelbar neben dem Tragischen steht, gelingt es der Autorin, dass ihre Figuren selbst in scheinbar ausweglosen Situationen immer auch Träger von Hoffnungen bleiben. Und wo es ohne Humor zugehen muss, wie etwa bei der Begegnung mit einem englischen Bomberpiloten während des 2. Weltkrieges, da tritt eine Grundhaltung zutage, welche die menschliche Größe der kleinen Leute zeigt, als diese den Feind mit Achtung und gar Mitleid behandeln. Brigitte Petzold ist kein unbeschriebenes Blatt in Sachen Literatur: Fünfundzwanzig Jahre lang war sie Leiterin der Gemeindebibliothek in dem Dörfchen, in welchem sie alt wurde – mit all den Büchern, die sie nicht nur verlieh, sondern oft genug auch selber las; und mit all dem Wissen darüber, was die Leute denken und was sie lesen möchten. Im Alter von fünfundsiebzig Jahren erscheint nun ihr erstes Buch. “Schade, dass Brigitte Petzold nicht schon früher ernsthaft mit dem Schreiben begonnen hat”, wird mancher nach der Lektüre sagen. Aber vielleicht bedurfte es gerade dieser langen Zeit und dieses Abstandes, um persönlich Erlebtes so aufzuschreiben, dass es leicht und fast schwerelos daherkommt und gleichzeitig vieles von dem in sich trägt, was man mit der Reife des Alters als wichtig genug empfindet, es seinen Mitmenschen mitzuteilen.