Er zeichne die Berge einfach so lange, bis sie verschwänden, hat Jonathan Bragdon einmal als Bonmot über seine Landschaftsarbeiten geäußert. In Wort und Bild, in Zeichnungen, fotografischen Selbstdefinitionen und Gedichten gestaltet er Weltbilder. Dabei steht weniger das Gegenständliche als vielmehr das Emotionale im Vordergrund. Phänomene, die den achtsamen Künstler Bragdon beeindrucken, finden spielerisch und ernsthaft Ausdruck. Denn die Folie seiner Kunst, sein eigentliches Thema, ist Existenz – das, was der Philosoph Martin Heidegger »Dasein« oder »In-der-Welt-sein« genannt hat.
Für die Ausstellung im Kunstmuseum Appenzell, zu der dieses Begleitbuch erscheint, hat Bragdon »Landschaftsporträts« geschaffen, deren scheinbare Einfachheit die Erhabenheit der Natur nicht nur bewahrt, sondern erschafft. Bragdon knüpft sowohl an die handwerkliche Tradition der topographisch genauen Landschaftszeichner als auch an die Innovationskraft von Landschaftsinterpreten wie Caspar David Friedrich, Paul Cézanne oder Ferdinand Hodler an. Sowohl die »Landscapes« als auch die »Consciousness Portraits /Bewusstseinsporträts« konzentrieren sich zwar auf das Abbildbare, aber sie sind vor allem Reflektionen über die Bedingungen für Sichtbarkeit. Gegenständlichkeit und Abstraktion, Gefühl und Vernunft halten sich in Bragdons Graphitzeichnungen die Waage: Mit seinem Bleistift macht er das Erkennen der Welt sichtbar. Gegenständlichkeit und Abstraktion halten sich in Bragdons großformatigen Graphitzeichnungen die Waage. Seine Kunst macht das nicht Sichtbare sichtbar.
Dasein / Being There
von Heinrich Gebert Kulturstiftung Appenzell, Jonathan Bragdon, Roland Scotti