Der Künstler Pierre Granoux legt in seinem Magazin der Flaschentrockner (Hérisson) Auszüge aus dem Bild-Verzeichnis und Titel-Register seiner Streifzüge durch den digitalen Basar vor. Als Fundstück moderner Kunst wird der Flaschentrockner via Internet in unzähligen Varianten versammelt, ausgestellt, durchnummeriert und durchbuchstabiert. Pierre Granoux bürstet in seiner Lektüre dieser Varianten den Flaschentrockner (seit Marcel Duchamp als stacheliger Igel der Kunstwahrnehmung, als Herausforderung an die Allegorien moderner Kunst vorgeführt und gestreichelt) gegen den Strich: Aus einem Readymade wird durch seine Lesart ein Träger für neue Formtableaus.
Das Titelverzeichnis seiner Readyweb-Archivierung bildet als Magazin-Katalog einen Index für leere Trockenlager – aber auch eine Checkliste für die Kunst der Zweckentfremdung. Seit Duchamp einen Flaschentrockner in Form eines Readymades in die Kunst einführte, sagt jede Variation der Ausstellung eines Readymades: Dies ist kein Flaschentrockner. Seit Granoux Readymades in Form gelesener Flaschentrockner in die Kunst einführte, sagt jede Variation künstlerischer Bearbeitung eines Flaschentrockners: Dies ist kein Readymade.
Granoux ist kein Modernist. Und das Künstlerbuch von Pierre Granoux zeigt als Werk zeitgenössischer Kunst, dass Sammlungen der Moderne doch noch mehr sind als ein Aufbewahrungsort für geleerte und bis auf den letzten Rest leergelaufene Flaschen. (Robert Krokowski)
Pierre Granoux – READYWEB: HÉRISSON
von Aurélie Noury, Paul B. Franklin, Pierre Granoux, Robert Krokowski