Der Maler und Grafiker Luigi Bonazza (1877-1965) ließ sich noch vor Ausbruch des 1. Weltkrieges in seiner Heimatstadt Trient ein Haus bauen, das vom Grundriss über das Mobiliar bis hin zu einem Freskenzyklus allegorischen sowie mythologischen Inhalts von ihm selbst entworfen worden war. Die sogenannte „Casa Bonazza“ steht damit, was Idee, Ausführung und ihre stilistischen Merkmale anbelangt, in der Nachfolge bekannter Künstlerhäuser im Europa der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und gilt als einzigartiges Beispiel für die Kulturlandschaft des Großraums Tirol. Zu den berühmtesten Künstlerresidenzen jener Zeit gehören unter anderem das „Red House“ von William Morris, dem führenden Kopf der „Arts and Crafts-Bewegung“ in England; das Wohnhaus Carl Larssons in Schweden und auch die Villa Stuck in München, repräsentatives Zuhause des Malerfürsten Franz von Stuck. Diese Künstlerheime, so verschieden sie in ihrer Ausführung auch sein mögen, tragen ein wichtiges gemeinsames Kriterium in sich: Sie wurden nicht etwa nur vom Künstler in fertigem Zustand gekauft und dann den persönlichen Wünschen des neuen Besitzers entsprechend umgestaltet, sondern von Grund auf neu erschaffen und dienten ihrem Bewohner je nach Intention als Rückzugsort oder inspirierende Anregung, als Stätte der Repräsentation und Manifestation seines finanziellen Erfolges. Sie weisen alle Charakteristika eines Gesamtkunstwerks auf und stellen so nicht nur ein Idealbild des Wohnens und Lebens in ästhetischer Hinsicht dar, sondern sind oftmals auch als Manifest einer von dem Künstler als „ideal“ angesehenen Lebensform zu verstehen.
- Veröffentlicht am Mittwoch 19. Dezember 2012 von innsbruck university press
- ISBN: 9783902811592
- 192 Seiten
- Genre: Hardcover, Kunst, Softcover