Bauhaus – Beziehungen Oberösterreich

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Beschäftigt man sich mit der Kunstgeschichte Oberösterreichs im 20. Jahrhundert eingehender, so tauchen in unterschiedlichen und zum Teil unerwarteten Zusammenhängen Verbindungen zum Bauhaus auf. Die deutsche Kunstschule, die von 1919 bis 1933 bestand und für die Zusammenführung von freier und angewandter Kunst ebenso stand wie für ein radikales Verständnis von Moderne, tritt nicht nur als ideeller Bezugspunkt bei der Gründung der Kunstschule der Stadt Linz nach dem Zweiten Weltkrieg auf, sondern findet sich im Besonderen auch als Station in mehreren Biografien oberösterreichischer Künstler. Am deutlichsten ist dies bei Herbert Bayer der Fall, einem international bekannten Vertreter der Moderne, der sowohl als Schüler als auch als Lehrer am Bauhaus wirkte und dessen Werk sich zeitlebens aus den Formprinzipien und Grundsätzen des Bauhauses ableitete. Aber auch bei weniger breit rezipierten künstlerischen Positionen wie Rudolf Baschant und Hans Joachim Breustedt spielte der Bezug zum Bauhaus bzw. zu einzelnen Bauhaus-Meistern eine wesentliche Rolle in der jeweiligen Biografie und künstlerischen Entwicklung.

„Ein bemerkenswertes Stück Bauhausgeschichte in der oberösterreichischen Kunst des 20. Jahrhunderts“ [Martin Hochleitner: „rudolf baschant, herbert bayer und hans joachim breustedt. ein stück bauhaus-geschichte in der oberösterreichischen nachkriegskunst“, in: Elisabeth Nowak-Thaller/Bernhard Widder (Hrsg.): ahoi herbert! bayer und die moderne (Ausst.-Kat. Lentos Kunstmuseum, Linz 2009), Linz 2009, S. 155–172, hier: S. 161] ortete Martin Hochleitner 2009 aus Anlass der großen Herbert Bayer-Retrospektive in Linz und skizzierte die Bauhaus-Bezüge von Herbert Bayer, Rudolf Baschant und Hans Joachim Breustedt. Im vorliegenden Katalog werden diese umfassend dargestellt und darüber hinaus auch die Bauhaus-Beziehungen des Linzer Künstlers Franz Oehner näher untersucht.

Der im Titel der Ausstellung angesprochene Begriff der Bauhaus-Beziehungen ist im Hinblick auf seine unterschiedlichen Bedeutungsebenen zu verstehen. So sind nicht nur die biografischen Verknüpfungen der vorgestellten Künstler/innen mit Oberösterreich angesprochen, sondern ebenso die künstlerischen Beziehungen zwischen Schüler/innen und Lehrer/innen des Bauhauses, zwischen den Bauhäusler/innen weit über die Zeit des Bestehens der Kunstschule hinaus, und schließlich auch Beziehungen im engeren Sinne, wie es bei der Fotografin Irene Bayer-Hecht, der ersten Frau von Herbert Bayer, und der Tänzerin Karla Grosch der Fall ist. Sie waren am Bauhaus tätig und wurden in der Bauhaus-Forschung bislang noch nicht ihrer Eigenständigkeit und Originalität entsprechend gewürdigt. Ihnen ist deshalb ein wesentlicher Beitrag in der vorliegenden Publikation gewidmet.

Mit den Werken von Anna Artaker, Alfred Grubbauer, Anton Kehrer, Marko Lulić, Ursula Mayer und Priska Riedl werden in der Ausstellung außerdem aktuelle künstlerische Positionen vorgestellt, die sich u. a. mit Historisierung und Rezeption, mit Form- und Gestaltungsideen, mit sozialen Themenstellungen sowie Genderfragen in Bezug auf das Bauhaus auseinandersetzen. Sie sind exemplarisch ausgewählt und sollten in Summe die Relevanz verdeutlichen, die das Bauhaus als historische Referenz, aber auch als Reibepunkt für eine aktuelle künstlerische Auseinandersetzung nach wie vor besitzt.

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(Aus dem Vorwort von Gabriele Spindler)