Gläser der Empire- und Biedermeierzeit

Aus der Sammlung des MAK und der Glassammlung Christian Kuhn

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Der Titel dieser Publikation und der Ausstellung im MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst in Wien (2017) übernimmt den Titel des Standardwerkes für Gläser dieser Epoche, nämlich des 1923 in Leipzig erschienenen Buches von Gustav E. Pazaurek, „Gläser der Empire- und Biedermeier-Zeit“. Dass dieses Buch noch immer als Standardwerk gelten kann, spricht einerseits für die Gründlichkeit, mit welcher Pazaurek über Jahrzehnte Materialien gesammelt und Gläser in ganz Europa besichtigt und auch zusammengetragen hat.
Für die Publikation und Ausstellung wurden Schwerpunkte ausgewählt, die für qualitätsvolle Biedermeier-Gläser von besonderer Bedeutung sind. Die frühesten der ausgestellten und abgebildeten Gläser sind jene von Josef Mildner (1965-1808). Diese Gläser sind in der Regel signiert und datiert und haben einen hohen technischen und künstlerischen Standard, der sich von seinen ersten Gläsern bis zu seinem derzeit bekannten letzten Glas, welches ebenfalls ausgestellt und abgebildet ist, zieht. Einen weiteren Schwerpunkt stellen die Mohn-Gläser dar, worunter Gläser mit Transparentmalerei aus der Werkstatt des Samuel Mohn (1762-1815) oder von seinem Sohn Gottlob (1789-1825) verstanden werden. Diese Gläser sind wesentlich seltener als diejenigen, ebenfalls transparent bemalten Gläser, die als „Kothgasser-Gläser“ berühmt geworden sind und einen weiteren Schwerpunkt dieser Ausstellung und des sie begleitenden Katalogs darstellen. Als „Kothgasser-Gläser“ werden nicht nur eigenhändige Arbeiten von Anton Kothgasser (1769-1851) bezeichnet, sondern man muss – wie bei Vater und Sohn Mohn – davon ausgehen, dass diese Gläser von mehreren Personen in einer Werkstatt geschaffen wurden. „Kothgasser-Gläser“ erfreuen sich nicht nur bei Sammlern großer Beliebtheit und erzielen daher in Auktionen und im Antiquitätenhandel stabil hohe Preise.
Die schwierigste Art der Glasbearbeitung ist zweifellos der Glasschnitt, der seinen Höhepunkt in der Biedermeier-Zeit in Nordböhmen erlebte. Den geschnittenen Gläsern der Biedermeier-Zeit ist ein Schwerpunkt dieser Ausstellung gewidmet. Die prominentesten hier vertretenen Künstler sind – neben dem alle andere überstrahlenden Dominik Biemann – Franz Paul Gottstein, Hieronymus Hackel, Johann Lenk, Anton Stimm, Franz Anton Pelikan und August Böhm sen. und jun.
Der eingangs erwähnte Gustav E. Pazaurek zählte die Steingläser „zu den eigenartigsten Äußerungen der Biedermeier-Zeit“. Auch sie sind ein wesentlicher Teil dieser Ausstellung und ein besonderer Schwerpunkt meiner Sammlung. Den Höhepunkt dieser Technik hat Friedrich Egermann aus Blottendorf bei Haida in Nordböhmen mit seinen „Lithyalinen“ erreicht. Er bezog seine Gläser teilweise aus der Harrach’schen Hütte, Neuwelt, die ebenfalls Steingläser produzierte.
Bedeutend sind auch die Agatingläser der Bouquoy’schen Glashütten in Südböhmen; diese befanden sich in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Glashütte von Josef Zich in Joachimsthal im niederösterreichischen Waldviertel. Dessen Steingläser sind vergleichsweise rar und hier in großem Umfang vertreten. Sie gelten als eher schroff, sind in ihrer Form ihrer Zeit voraus und deuten – wie auch die anderen Steingläser – den Weg zur späteren Entwicklung des Glases, welche dann in der Loetz’schen Hütte in Klostermühle neue Höhepunkte erreicht hat.
Mit der vermeintlichen Biedermeier-Idylle haben die besten Steingläser nichts gemeinsam.