Café Lehmitz, eine Stehbierhalle am Ende der Reeperbahn, war ein Treffpunkt und oft auch die Endstation für viele, die in Hamburgs berühmt-berüchtigtem Rotlichtviertel arbeiten: Prostituierte, Zuhälter, Transvestiten und gewöhnliche Kleinkriminelle. Anders Petersen (geb. 1944) war achtzehn Jahre alt, als er aus Schweden nach Hamburg zu Besuch kam, eher zufällig im „Lehmitz“ landete und hier Freundschaften schloss, die seinen weiteren Lebensweg prägen sollten. 1968 kommt er zurück, findet neue Stammgäste vor, nimmt wieder Kontakt auf und beginnt zu photographieren – mit Unterbrechungen zwei Jahre lang. Seine Aufnahmen, von denen wir 1978 eine Auswahl veröffentlichten, sind inzwischen zu Klassikern ihres Genres geworden – Tom Waits etwa verwendete unser Titelmotiv für seine LP Rain Dogs. Petersens Lehmitz-Serie, die wir jetzt in einer Neuauflage anbieten, berührt noch immer durch ihre Offenheit und ihre unverfälschte Authentizität. Es ist der solidarische, an Brassaï erinnernde Blick des Photographen, der weder Voyeurismus noch falsches Mitleid aufkommen lässt angesichts dieser Bilder aus einem Milieu, das gemeinhin als asozial bezeichnet wird. Die „andere“ Welt des Café Lehmitz, die heute so nicht mehr existiert, wird sichtbar als lebendiges soziales Gefüge mit eigenem Selbstverständnis und in der ihr eigenen Würde.Anders Petersen, der in Stockholm lebt und arbeitet, wurde 2008 mit dem Erich-Salomon-Preis ausgezeichnet.
- Veröffentlicht am Freitag 5. Mai 2017 von Schirmer Mosel
- ISBN: 9783829606592
- 116 Seiten
- Genre: Film, Fotografie, Hardcover, Kunst, Softcover, TV, Video