Amerika

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Keine der Fotografien im Fotobuch »Amerika« wurde in Amerika fotografiert. Die Betrachter erfahren nicht, wo diese Bilder entstanden sind. Ort und Datum gelten als wesentliche Indikatoren im Medium der dokumentarischen Fotografie, aber in »Amerika« werden keine Dokumente gezeigt. Die Herkunft der Fotos, Ort und Zeit ihrer Herstellung sind bedeutungslos. Der indexikalische Charakter von Fotografien wird verweigert. Entscheidend ist für Rabe der Bilderzyklus, die Reihenfolge, die Montage und Erzählung der Inhalte mit ihren visuellen Strukturen wie Kontrast, Rhythmus, Farbigkeit und Perspektive.

Die Fotografien schweben in einem Illusionsraum, der Geografie und Zeitdimension neu definiert. Die Betrachter verorten die Fotografien in Raum und Zeit unter der Headline Amerika. In geteilter Autorschaft öffnet das erzählerische Verfahren von Carsten Rabe den Betrachtern die Möglichkeit, die fotografierte Lektüre mit ihren erinnerten Bildern eines imaginären wie realistischen Amerika in Übereinstimmung zu bringen. Amerika setzt sich bei der Betrachtung der Fotografien zu einer Realität zusammen, die nicht existiert. Die Betrachter werden mittels der Fotografien nicht über Amerika informiert, sondern sondieren den Zusammenhang zwischen erinnerten Amerikabildern oder Bildern, die sie Amerika zuschreiben, und den Amerikabildern von Rabe, die Amerika inszenieren.

Mit den Fotografien zeigt Carsten Rabe etwas. Er benennt das Gezeigte mit dem Titel Amerika und versieht es mit einer artifiziellen Spur. Wir, die Betrachter, sehen alles im Buch »Amerika« Gezeigte als Spur eines Amerika. Die Spuren finden sich aber nicht auf den gezeigten Fotografien, sondern in unseren Erinnerungen von Gezeigtem aus anderen artifiziellen Zusammenhängen oder in Erinnerungen, die wir von Reisen nach Amerika mitgebracht haben. Die Erzählung und Bildfolge Amerika besteht aus Als-ob und Als-wäre. Das lässt den Mythos einmal mehr magisch leuchten. Amerika bleibt Amerika.