Leere Bühnen

Historische Orte in der zeitgenössischen Fotografie

von

Weite Naturlandschaften, ein nasser Acker, urbane Szenerien, der Balkon eines amerikanischen Motels: Vermeintlich unspektakuläre Aufnahmen alltäglicher Orte entpuppen sich durch Bildtitel oder beigefügte Begleittexte als Fotografien von Orten mit Vergangenheit: Verdun, Passchendaele, Auschwitz, der Sterbeort Martin Luther Kings. Ob Schlachtfelder, Tatorte oder andere Schauplätze historisch bedeutsamer Ereignisse, stets haben die an ihnen stattgefundenen Geschehnisse in Folge die Wahrnehmung der Orte nachhaltig verändert. Gleichfalls wandelt sich mit dem Wissen um diese Geschehnisse auch der Blick auf die Bilder.
Das künstlerische Interesse am historischen Ort lässt sich seit Beginn der 1990er Jahre und vermehrt seit der Jahrtausendwende international beobachten. Dabei geht es den Fotografinnen und Fotografen um mehr als rein formal-ästhetische Fragen. Vielmehr lenken sie den Blick auf die heutige sozio-kulturelle Signifikanz der Orte – beispielsweise als lieux de mémoire im Sinne Pierre Noras –, aber auch auf die medialen Bedingungen der Vergegenwärtigung und Vermittlung von Geschichte. Mit dem Motiv des historischen Ortes als Stellvertreter eines längst vergangenen und damit nicht mehr unmittelbar fotografisch abbildbaren Ereignisses rücken zudem das Paradox einer Fotografie von Vergangenheit und damit die medialen Bedingungen und Grenzen des Mediums in den Fokus.
Im Zentrum der Publikation stehen fotografische Serien von Bleda y Rosa, Alan Cohen, Anne Ferran, Peter Hebeisen, Martin Krenn, Eva Leitolf, Bart Michiels, Sally Mann, Joel Sternfeld, Nebojša Šerić Shoba und Christian Vogt.