Kanada ist im Trend. In vielerlei Hinsicht, nun auch literarisch.
Margaret Atwood (77) wurde am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Die Jury des Stiftungsrates belohnt damit ihre politische Hellhörigkeit und ihr Gespür für bedrohliche Entwicklungen.
Im ZEIT-Interview sagte Atwood, von ihr werde erwartet, in die Zukunft blicken zu können. Tatsächlich stelle sie nur begründete Vermutungen an. So zum Beispiel: Wenn wir keine Technologien finden, um extreme Wetterphänomene zu einzudämmen, folgen Lebensmittelmangel, Aufruhr in der Bevölkerung und irgendwann ein Aufstand gegen die Regierung (egal welche gerade an der Macht sei).
Dafür den Friedenspreis? Nein. Atwood mahnt in ihren Romanen an, den politischen Verpflichtungen unserer Zeit nachzukommen. Das untermalt sie in ihrer Dankesrede mit einem Gleichnis vom Wolf und Kaninchen: „Da kommt er also des Weges, ein Wolf im Schafspelz oder gar ein Wolf im Wolfspelz“, sagte sie, „und dieser Wolf wird sagen: Kaninchen, ihr braucht einen starken Anführer, und ich bin genau der Richtige für den Job. Ich werde wie von Zauberhand die perfekte Welt der Zukunft erscheinen lassen, und Eiscreme wird auf Bäumen wachsen. Aber zunächst einmal müssen wir die Zivilgesellschaft abschaffen – sie ist zu weich, sie ist degeneriert –, und wir werden die akzeptierten Verhaltensnormen aufgeben müssen, dank derer wir durch die Straßen gehen können, ohne uns andauernd gegenseitig ein Messer in den Rücken zu jagen. Und dann werden wir diese Leute abschaffen müssen. Erst dann wird die perfekte Gesellschaft erscheinen!“ (hier die ganze Dankesrede Margaret Atwoods)
Liest man bisherige Berichte über die Wahl der diesjährigen Gewinnerin, stößt man auf keine große Begeisterung. Liegt das daran, dass ihr erfolgreichstes Werk schon vor mehr als 30 Jahre geschrieben wurde? Fakt ist, „The Handmaid’s Tale – Der Report der Magd“ wurde vor Kurzem als Serie verfilmt und erhielt mehrere Emmys. Ich selbst habe mich an dem utopischen Roman vor langer Zeit im Original versucht. Um ihre Feinheiten zu verstehen, reichte mein Englisch leider nicht. Ich muss also noch mal ran, vielleicht wähle ich gleich die Übersetzung.
Good to know: Margaret Atwood ist (erst) die 10. Frau, die seit 1950 den mit 25.000 Euro dotierten Preis erhielt.