Der andere Wolf

Fremde Einblicke in Leben und Werk Friedrich Wolfs (1888.1953)

von

„Friedrich Wolf – ein authentischer Chronist der gesellschaftspolitischen Verhältnisse des 20. Jahrhunderts.“ Dieses Wertungsmuster ist in der Wolf-Rezeption weit verbreitet und wurde bisher nicht ernsthaft in Frage gestellt. Frappierend sind jedoch die zahlreichen heldenhaften Darstellungen, die der Schriftsteller von sich selbst entwarf: Wo Wolf war, war Weltgeschichte! Wo er lebte, musste sich großes abgespielt, musste die Welthistorie ihre Spuren hinterlassen haben … Wolf driftet ab in imaginäre Sphären, zelebrierte sich als vorbildlicher sozialistischer Held und schrieb sich die Rollen eines intransigenten Kämpfers sowie eines heroischen Opfers zu. Auf diese Weise verschwammen Fiktion und Wirklichkeit. Die Selbstmythisierungen Wolfs sind in der umfangreichen Fachliteratur über den Schriftsteller bisher nicht untersucht worden. Der Sammelband „Der andere Wolf“ schließt diese Lücke und bringt darüber hinaus die Polyphonie in Wolfs Denken und Schreiben zum Ausdruck. Denn Stefan Gotthelf Hoffmann versteht es, Saiten erklingen zu lassen, die bisher in der Wolf-Rezeption nicht vernehmbar waren: Vorgestellt werden ein Schriftsteller, der in seinen literarischen Werken über die Bedeutung von Tod und Unsterblichkeit reflektiert; ein großartiger Komödiendichter, der in seiner apokryphen Groteskkomödie „Der Mann im Dunkel“ alle heilbringenden Weltanschauungsostulate persifliert; ein einfühlsamer Vater, der im Ersten Weltkrieg seiner kleinen Tochter Johanna liebevolle gedichte und Briefe schenkt.