Anders als viele Literaten, die erst nach langem Anlauf den eigenen Ton finden, ist Walter Benjamin in seinen Schriften von Anfang an ganz er selbst. In den Jahren unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg, in denen er sein Studium begann, fanden der Protest gegen bürgerliche Lebensformen und die Ahnung bevorstehender Katastrophen ihren Ausdruck in den literarischen Werken der Expressionisten. Benjamin hielt Distanz zu ihnen, obwohl er viele von ihnen persönlich kannte, da sie derselben Generation angehörten und aus demselben sozialen Milieu stammten wie er. Ihrem allgemeinen Menschheitspathos setzte der Zwanzigjährige, der wenige Jahre später mit dem Begriff des ‚Ausdruckslosen‘ als dem metaphysischen Zentrum seiner Kunsttheorie einen theoretischen Gegenentwurf zur Ausdruckskunst seiner Altersgenossen liefern sollte, schon damals bewußt ein religiös fundiertes Pathos der Wahrheit entgegen.
- Veröffentlicht am Mittwoch 1. Mai 1985 von ROWOHLT Taschenbuch
- ISBN: 9783499503412
- 160 Seiten
- Genre: Autobiographien, Biographien, Kunst, Literatur, Sachbücher