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Frieda_W. veröffentlichte ein Update in der Gruppe lit:chat zu dem Buch: "Stillleben" von Antonia Baum vor 6 Jahren, 6 Monaten
Für mich ist Stillleben eher eine autobiographische Erzählung, die irgendwie, da stimme ich Euch zu, schwer einzuordnen ist, denn der Text versucht sich an Gesellschaftskritik ohne einen wirklichen Plan zu haben.
Das Thema Kreativität und Elternschaft, dass sie ja auch über ihre Frage nach Schreiben und Mutterschaft aufruft, dagegen finde ich sehr spannend
Wenn man Bühnentanz und Choreographie zu den kreativen Tätigkeiten zählt,kann ich sagen, mein Sohnhat daran nichts geändert. Geändert haben sich aber Prioritäten. Wenn ich vorher noch überall dabei sein wollte, so habe ich nachher Jobs sausen lassen, weil ich Zeit mit meinem Kind verbringen wollte. Und vielleicht ist dieser Prioritätenwechsel relativ häufig, so dass Schriftstellerinnen nach einer Geburt (erstmal?) weniger schreiben…
Mit meiner kleinen Tochter und einem beschränkten Geldbeutel habe ich ganz besondere Freude daran gehabt, Anziehsachen für sie zu nähen. Selbst mit gebrauchter Kleidung konnte man kleine Kunstwerke für sie zaubern. Mit dem zweiten Kind, meinem Sohn, war Kreativität nicht mehr angesagt. Bei dem Geräusch der Nähmaschine geriet er in Panik. Außerdem wurde das Leben mit ihm turbulenter.
Zunächst glaube ich, dass Kreativität im Grunde alles meint. Die Autorin meint es in Bezug auf ihre Profession, das Schreiben. (Das fand ich zugegebenermaßen ganz lustig, diese Listen … merkwürdigerweise musste ich auch an diese Judith Herrmann Geschichte denken). Aber Kreativität bedeutet ja viel mehr. Vor allem setzt sie immer eins voraus: Freiheit. Empfindet man also Kinder als etwas, das einen beschneidet und einengt, dann ist man sicherlich auch nicht mehr kreativ. Das kann auch Phasen betreffen. Zum Beispiel, als meine Kinder noch ganz klein waren … das hat mich komplett fertig gemacht. Ich fühlte mich wie eine Maschine, die einfach nur funktionieren musste. Ich selbst war gar nicht mehr da. (Diese Emfpindungen konnte ich absolut nachvollziehen.) Das Kleinkind war auch nicht in der Lage, mir das zu geben, was ich so sehr brauchte … Gespräche, Austausch mit Erwachsenen über Themen, die keine Kinderthemen waren. An kreative Lösungen war da gar nicht zu denken … obwohl es sie gegeben hätte, wenn ich in der Lage gewesen wäre, eine andere Perspektive einzunehmen.
Ein anderer Aspekt, der mir hierzu einfällt, ist: Was benennt jeder einzelne von uns (Mütter, Väter) als seine Quelle der Kraft? Das muss nicht immer die Familie sein, das kann auch die Arbeit sein. Bei mir zum Beispiel ist es so. Mich fordern meine Projekte, die Herausforderungen, vor die sich mich stellen, immer wieder … sie sind mein Hort der Kraft. Und dadurch bin ich in der Lage, auch meinen Kindern eine einigermaßen ausgeglichene und zufriedene Mutter zu sein. Auch wenn ich mit ihnen vielleicht nicht ganz so viel Zeit verbringe wie andere Eltern. Aber andersherum würde ich es überhaupt nicht funktionieren.
Und der dritte Aspekt kann einfach der sein: Vielleicht ist Judith Herrmann jetzt viel mehr im Reinen mit sich und der Welt als vorher. Vielleicht findet sie das mit den Büchern auch gar nicht mehr so wichtig, weil jetzt etwas anderes in ihren Fokus gerückt ist … kann ja sein. Ich würde mich für sie freuen!
Natürlich ist es befriedigend, wenn man durch Erfolg in der Arbeit gestärkt wird. Wenn man sich allerdings für ein Kind entscheidet, weiß man, daß durch den kleinen Erdenbürger das Leben sich verändert. Ich habe im Büro gearbeitet, als mein Arzt mich im 5. Monat (mit Zwillingen) fragte, ob ich noch arbeiten würde, was ich bejahte. Denn ich fühlte mich prima. Von jetzt auf gleich mußte ich meine Arbeit aufgeben, die zugegebenermaßen ziemlich stressig war. Ab sofort war Schonung angesagt, was mir sehr gut tat. Mit der Geburt, bei der ich eine Tochter verlor, stellte sich mein bzw. unser Leben total um. Meine kleine Tochter kam mit einem Herzproblem zur Welt, wurde nach wenigen Tagen operiert und verbrachte die ersten vier Monate ihres Lebens im Krankenhaus. Ich habe sie jeden Tag besucht und bin dafür jeden Tag 80 km unterwegs gewesen. An Arbeit ist da überhaupt nicht zu denken gewesen. Die Frage war ständig: Wird unsere Tochter es schaffen? Aus dem Krankenhaus entlassen, hieß nicht Ende der Kontrolle des Herzens. So ein Kind ist eben selbst eine Herausforderung.