„Abgereist, ohne Angabe der Adresse“

Postalische Zeugnisse zu Verfolgung und Terror im Nationalsozialismus

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„Abgereist, ohne Angabe der Adresse/parti, sans laisser d’adresse“ – mit diesem postamtlichen Klebezettel wurden zahlreiche Postsendungen versehen, ehe die Reichspost sie an ihre Absender außerhalb Deutschlands zurückschickte. In Wahrheit waren die meisten Adressaten nicht „abgereist“, sondern vertrieben oder ermordet worden, weil sie Juden waren. „Abgereist“ wurde so zur Metapher für das Verschwinden der Juden aus Deutschland, bis der Klebezettel im Januar 1943 von der Gestapo verboten wurde, weil sich seine Bedeutung herumgesprochen hatte.
Nicht nur die Inhalte von Postsendungen, sondern auch ihre äußeren Merkmale legen Zeugnis von individuellen Schicksalen und historischen Ereignissen ab. Als Dokumente der Alltagskultur verleihen sie ihnen eine neue Anschaulichkeit und erweitern die Kenntnisse um Personen und Zusammenhänge. Die Frage nach dem zeitgeschichtlichen Nutzen postalischer Dokumente, im angelsächsischen Sprachbereich als „Social Philately“ bezeichnet, bringt seit einigen Jahren eine neuartige Kategorie von Büchern und Ausstellungen hervor, zu der auch das vorliegende Werk gehört. In Zusammenarbeit mit Zeitzeugen, Archiven und Sammlern in vielen Ländern hat der Autor über 300 postalische und ergänzende Dokumente zusammengetragen und verschiedenen Phasen und Aspekten von Terror und Verfolgung im Nationalsozialismus zugeordnet.