Die Zeichnungen Volker Lehnerts entstanden wechselweise in Italien und im Atelier, wo der Künstler aus der räumlichen und zeitlichen Distanz heraus das vor Ort Erfahrene umfabuliert, neue bildnerische Geschichten erzählt oder Gesehenes zu zeichenhafter Einfachheit verdichtet. Dabei ist sein zeichnerisches Repertoire breit und vielgestaltig wie selten in der zeitgenössischen Kunst: Neben der scharfen, präzisen Wiedergabe stehen unvermittelt ganz aus dem expressiven Gestus der Hand heraus weitergedachte Formen, das Überlagern und Verschränken von Bild- und Sinnebenen und das lustvolle, oft auch ironische Spiel mit simultanen Perspektiven. Dabei führt Volker Lehnert ganz bewusst die große Tradition der Italien bereisenden deutschen Zeichner des späten 18. und 19. Jahrhunderts fort. Das Verbindende ist die Unbedingtheit des sinnlichen Erlebnisses als Ausgangspunkt jedes zeichnerischen Prozesses und jeder Suche nach Schönheit. Der Medienwissenschaftler Gunnar Schmidt schreibt hierzu: Es ist die Schönheit des nicht Fassbaren.
Ein Wärmestrom des Unkalkulierten ist den Zeichnungen eigen. Dass sie dazu anregen mögen, sich all dessen inne zu werden, was sich dem unabweislichen Wissen verweigert, macht ihre Kraft aus. Sie bedürfen dazu nicht der monumentalistischen Geste, aus der manche Gegenwartskunst ihren Marktwert bezieht. Das Medium der Zeichnung ist in seiner Kargheit, mit seiner Tugend der Reduktion und den damit gegebenen Anspielungen ein Mitreisender durch ein Gelände der unverfügbaren Bedeutungen, der wortlosen Ereignisse.
- Veröffentlicht am Donnerstag 25. November 2010 von Rasch Druckerei und Verlag GmbH & Co.KG
- ISBN: 9783899461565
- 111 Seiten
- Genre: Hardcover, Kunst, Softcover