Achtung: Stufe

Gedichte

von

Ewa Lipska zu hören oder zu lesen heißt, einer Dichterin zu begegnen, die mit großer Klarheit über einfache Dinge spricht und diese Einfachheit mit raffiniertester Metaphorik zu verbinden weiß. Und immer behält sie ihren liebevoll distanzierten Blick bei, egal ob sie sich fragt ‚Was weiß ich über mein Land?‘ oder ob sie mit der ‚Beschreibung des Herbstes‘ beginnt.

In Lipskas Gedichten fliegen wir mit dem Paragleiter zum Poesiefestival nach Aldeburgh, die Poesie ist eine ‚medizinische Alternative/ für alle die über empfindlichen Lichtschmerz klagen/ für alle die über empfindlichen Dunkelschmerz klagen/ für alle die der Wirbelsturm des Triumphs fortreißt/ und für alle anderen Rekonvaleszenten‘; wir ‚Kombattanten der Liebe/ werfen eine Zigarette in die Dunkelheit‘ – wir sind alle nur ‚Menschen für Anfänger‘.

Mit nüchternem Blick konstatieren diese Gedichte das Vergehen der Zeit, die Unbeständigkeit des Lebens, und schlagen gerade aus diesem Skandal ihre Funken: ‚Wir Aktionäre des Lebens nach dem Tod/ vergeuden genüsslich die Gegenwart/ und reimen uns dabei/ von Zeit zu Zeit.‘ Eine heitere Distanz zu den untragbaren Verhältnissen scheint der Motor dieser Zeilen zu sein, die sich der Natur genauso wie dem Computer, der Geliebten genauso wie dem eigenen summenden Kopf zuwenden.

Ewa Lipska ist eine internationale Dichterin. So sehr sie sich in vielen Gedichten auf Polen, seine Politik, seine Vergangenheit und Gegenwart bezieht, so sehr ist in den Gedichten auch von Reisen die Rede, nach Neuseeland und Amerika, nach England und Italien, überall ist sie im Dialog mit anderen Dichtern, mit den Menschen überhaupt, das macht ihre Dichtung so welthaltig und welterfahren. Aber: ‚Alles hängt davon ab/ wie lang wir immer sein werden.‘