Albert von Keller (1844–1920) war 1892 Mitbegründer der Münchner Secession. Seine Kunst liefert ein schillerndes Sittengemälde von Gründerzeit und Belle Epoque. Sensibel registrierte er den verführerischen Habitus eleganter Damenwelten und erforschte malend okkulte Phänomene.
Das reich bebilderte Katalogbuch gibt endlich Anlass, einen ehemals berühmten, heute jedoch weitgehend vergessenen Maler neu zu entdecken. Gesellschaftlich erfolgreich, sah Albert von Keller ‚die Frauen neu und wunderbar‘, wie Fritz von Ostini 1914 in der Zeitschrift ‚Jugend‘ schrieb. Spiritistischen Phänomenen und Äußerungen der Hypnose Bildlichkeit verleihend, hat von Keller gleichsam das Unmalbare ans Licht geholt. Das Interesse am Okkulten ist eine die Gesellschaftsschichten überspannende Erscheinung der Zeit um 1900, die Künstler und Dichter ebenso in Bann zog wie Wissenschaftler. Seelische Regungen diverser Bewusstseinsstufen, expressive Mimik sowie Gestik ließen sich so ergründen.
Kellers Kunstprinzip war die Freiheit. Spielformen zeitgenössischen Lebensgefühls gab er in modern romantischem Sinn Gegenwart. Wie ein Pianist, der unterschiedliche Stile und Aufführungsmodi gleichzeitig beherrscht und miteinander kombinieren kann, hat er verschiedene Malweisen vorgeführt. Die Klaviatur seiner Ausdrucksmöglichkeiten war erstaunlich breit; sie reichte von reizvollem Wohlklang bis hin zu befremdlich dissonanten Tönen. Den Höhepunkt seines Ruhmes erlebte der Maler in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg: Die Kritik konstatierte eine ‚Keller-Ekstase‘.
2006 gelangte die umfassende Keller-Sammlung von Oskar A. Müller ins Kunsthaus Zürich. Ergänzt durch Leihgaben, in erster Linie aus der Neuen Pinakothek in München, wird nun eine repräsentative Wahl daraus vorgestellt.