Alles espresso

Kleine Helden der Alltagsbeschleunigung

von

Teefix-Beutel, Tempo-Taschentuch, Hochgeschwindigkeits-Zug, Reißverschluss, Fernsteuerung, Suppenwürfel, sogar Postkarte und Lift – ihnen allen ist gemeinsam, dass sie für uns Zeit sparen. Zumindest erwarten wir dies von ihnen. Aber alle Hoffnungen, alle Sehnsüchte, mit ihrer Hilfe von den lästigen Mühen des banalen Alltags entlastet zu werden, sind trügerisch. Das Leben wird durch die vielen, kleinen Helden der Alltagsbeschleunigung nicht besser, geruhsamer oder weniger anstrengend. Unentwegt arbeiten wir nämlich daran, unsere Handlungs- und Erlebnisepisoden pro Zeiteinheit zu verdichten. So wird der Alltag zum Hochgeschwindigkeits-Alltag. Die Erwartung, durchs höhere Tempo auch mehr von der Welt haben zu können, wird von der Erfahrung geschmälert, dass uns die Welt trotz allem mehr und mehr davonzulaufen scheint. Der Kauf eines Computers zum Zwecke der Zeitersparnis ist daher genauso unvernünftig, wie die Einladung eines Kannibalen zum gemeinsamen Essen. Eine „Würfelsuppe“ verhält sich zur selbstgemachten wie ein Computermenü zu einer mehrgängigen Mahlzeit.

Professor Karlheinz A. Geißler lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht. In vielerlei Publikationen (Büchern, Zeitschriftsbeiträgen, Interviews), in Rundfunksendungen und bei Vorträgen hat das seinen Niederschlag gefunden.
Zuletzt sind von ihm bei HIRZEL erschienen: „Wart‘ mal schnell – Minima Temporalia“ und
„Zeitvielfalt – Wider das Diktat der Uhr“