Altägyptische Mysterien

Texte aus der Zeit der Aufklärung von Christoph Martin Wieland und Ignaz von Born. Herausgegeben, eingeleitet und mit Anmerkungen versehen von Jürgen Sorge

Wer weise werden will, muss die unsterblichen Götter um Weisheit bitten. Nichts Wichtigeres kann sich der Mensch wünschen, und Gott seinen Geschöpfen nichts Besseres geben, als die Erkenntnis der Wahrheit. Weisheit allein unterscheidet die Gottheit vom Menschen. Gold und Reichtümer, deren sie nicht bedarf, können nur für Sterbliche einen Reiz haben. Dieser Gedanke des griechischen Philosophen Plutarch zieht sich wie ein roter Faden durch den Aufsatz »Über die Mysterien der Aegyptier« von Ignaz von Born. Der Wissenschaftler steht für ein aufgeklärtes Freimaurertum. In seinem Aufsatz trägt er das Wissen seiner Zeit über das Alte Ägypten, das damals nur über antike Autoren wie Herodot, Diodor und Plutarch bekannt ist, akribisch zusammen. Der Text gibt aber nicht nur eine Zusammenfassung des damaligen Wissens über das Alte Ägypten. Er ermöglicht zudem einen Einblick in die Denkweise und Wertvorstellungen des Wissenschaftlers und Freimaurers Ignaz von Born. Christoph Martin Wielands Abulfauaris-Geschichten entstanden in der Zeit seiner Auseinandersetzung mit dem Schweizer Philosophen Jean-Jacques Rousseau. Wieland attackiert dessen Kulturpessimismus. Mit seinen Geschichten, deren Handlung er in die Zeit des Alten Ägypten verlegt, will er die Gedankengänge Rousseaus ad absurdum führen, wobei der deutsche Schriftsteller aber ebenfalls den unaufgeklärten Absolutismus, den Missionseifer und den Kolonialismus seiner Zeit scharf kritisiert. Beide Texte entstanden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in der Zeit der Aufklärung. Es ist die Epoche, der die heutigen Europäer verdanken, was sie sind. Und es ist die Epoche, die ihnen eine Ahnung davon vermittelt, was sie sein könnten.