Am Ufer meines Setzkastens

Erzählungen, Streifzüge

von

»Nicht aus der Erzählung fallen«, ruft sich eine Erzählstimme in Gabriele Petriceks Texten mahnend in Erinnerung. Diese Stimmen lesend wird man immer zugleich in Texte hinein und doch auch an Texten entlang geführt, die nicht einfach erzählt werden wollen – so, als wollten sie uns bei jeder Gelegenheit beweisen, dass es in der Literatur gar keine Ereignisse geben kann, die sich »einfach erzählen« ließen. Vielmehr müssen Erzählungen auch ihr Material, die Sprache, ihre Vorgangsweise, das Schreiben, und ihr Ringen mit beidem miterzählen, um die Leser_innen alle Untiefen der Sprache auskosten zu lassen.Die Poetik von Petriceks Erzählungen ist daher kein Beiwerk, sondern Gegenstand und Grundlage ihrer Texte gleichermaßen: »Auf ein passendes Stichwort hin Fahrt aufnehmen sich woanders hinschreiben. Gesteuert von flickernden Ideen unter Einsatz von Sitzvermögen, Händen und Zunge Zielwörter, Satzziele und passende Stellen erfassen, abgreifen, ablutschen und lautmalen bevor die Versuchsfinger sie in ihre Textanordnung verklopfen. Wenn Zeit sich zu Zeiten dehnt und Raum zu weiten Räumen fallen mir Erzählen und Leben in eins.«In 15 Erzählungen führt Gabriele Petricek vor, dass die starre Anordnung des Alphabets, des Setzkastens, der Grammatik und der Logik, die vermeintliche Linearität der Chronologie allesamt Ordnungsschemata sind, die es braucht, die aber überdehnt, gebogen und gebrochen werden müssen, um dem gelingenden Zufall einen Ort zu geben. Denn, wie es lapidar heißt, »den Zufall trifft ein vorbereiteter Geist nur«, und das gilt umso mehr für das poetische Gelingen.