Amöbe

von

Steffen Schmolke „Amöbe“ & „Schuldmaschine“.

Steffen Schmolke ist ein Maler aus Brandenburg – dem Bundesland. Das mag irgendwo, ganz tief, in ihm drin sein, aber eigentlich ist das heute ziemlich Schnuppe. Seine Werke hängen auch im Peter-Weiss-Haus in Rostock, der Deutsche Bundestag hat ihn zu einer Ankaufssitzung geladen und bereits viel früher, bevor sich das zu lohnen begann, mit der Malerei, hat er in Kanada Bäume umgehauen.

Die Bücher „Amöbe“ und „Schuldmaschine“ sind erste Schritte, eine Einführung, ein Vortasten, in Schmolkes bisher eigenwilligsten, seltsamsten Schaffenskomplex. Sie sind erst der Anfang von dem, was wohl sein Hauptwerk werden wird. Sein großes Herzensding.

Es sind Zeichnungen des Individuums. Gezerrt, gerissen, verbogen und verrenkt zwischen den Pfeilern seiner Existenz. Den fünf Pfeiler seiner Existenz – sagt Schmolke. Auf jeden Fall gequält, definitiv gequält. Manchmal wie von Innen nach Außen gestülpt. Schmolke macht diese fünf Pfeiler aus als: die Physis, den Körper des Menschen; die Beziehungen, seine Interaktion mit anderen; Gratifikation, ein Zusammenspiel von Leistung und Lohn; das Materielle, die Dinge, die der Mensch schafft und die Dinge, die vor ihm waren und nach ihm sein werden – und nicht zuletzt Werte, die seine Ideen formen.

Natürlich frieren Schmolkes Zeichnungen diese Dynamik, diesen Kampf, den der Mensch zwischen den Pfeilern austrägt, mit sich und den Spannungen, die an ihm zerren, in Momenten ein. Und es sind genau die richtigen Momente. Diese Momente, die unsere eigene Vorstellungskraft sprengen würden und uns so zwangsläufig staunen lassen – die mit uns also machen, was Kunst eben mit uns machen soll. Es sind genau die Momente, in denen die Realität bis zum Äußersten gespannt, schließlich nachgibt, in denen das Gefühl des Ausgeliefertseins aus den Bildern den Betrachter wie ein garstiger Alb bespringt.

Diese Zeichnungen verdichtet Schmolke mit seiner eigenen Prosa, die laut rezitiert nicht minder nach Verzweiflung und Kampf klingt, und die auch leise, nur für sich selbst gelesen, fies ausfransende Löchern tief in das Bewusstsein nagt – roh und scharfkantig – niemals hübsch in Reime poliert. Keine Reime. Niemals.