An deiner Stelle

von

Der 50-jährige Jakob Kläger hat sein Leben lang geschrieben, aber deswegen gleich Schriftsteller sein
zu wollen oder werden zu müssen, ist nie seine Sache gewesen. Seine junge Nachbarin Agnes Sternfeld
lockt ihn aus seinem Gehäuse, das vor allem aus seiner zusammengestohlenen Privatbibliothek besteht.
Als sie mit ihrem Freund den Sommer verbringt, spricht Jakob für sie einen Bericht auf Band: Er erzählt
von Menschen, die, obwohl oder gerade weil ihnen die Mittel dafür fehlten, mit großer Beharrlichkeit
nach einem Ausdruck für das suchten, worum es ihnen im Leben ging. Wie daran Freundschaften und
Lieben zerbrachen, auch seine eigenen. Wie und warum er und einige seiner Freunde jahrelang ihre
Unabhängigkeit bewahren wollten, indem sie Diplomarbeiten für andere verfassten. Aber er erzählt
auch mit großer Zuneigung vom Leben derer, die ihr Studium nicht ohne Hilfe von Ghostwritern
abschließen konnten. Er erzählt das alles unter dem Eindruck großer historischer wie privater Ereignisse
und Katastrophen, denen die Menschen, die er liebte, nicht gewachsen waren … Nachdem Agnes den
Bericht angehört hat, der ihr nahe geht, obgleich er ihr wie eine Nachricht aus einer untergehenden Welt
erscheint, wendet sie sich wieder ihrem Leben zu. Jakob dagegen kann nicht länger so weitermachen …