Andres Veiel ist einer der bekanntesten Regisseure und Stückeschreiber der Gegenwart. Seine Filme haben viel zur wachsenden Aufmerksamkeit für den Dokumentarfilm jenseits stereotyper Formate beigetragen. Als Psychologe setzt der 1959 in Stuttgart geborene Filmemacher auf die Präsenz seiner Protagonisten und das Potential kritisch-empathischer Gespräche mit ihnen, als Schüler des polnischen Meisterregisseurs Krzysztof Kieślowski auf die kinematografische Qualität imaginativer Leinwandmomente. Andres Veiel gelang eine für einen Dokumentarfilmer ungewöhnliche Karriere, die zudem unverkennbar auch von dem Impuls getragen ist, Kunst als Anstoß zum gesellschaftlichen Diskurs zu verstehen.
Jeder seiner Filme ein Solitär, spiegeln sich in ihnen doch zentrale Leitmotive wider, etwa die Auseinandersetzung mit struktureller Macht, Gewalt und Hybris. Seine Generationenporträts Die Überlebenden und Die Spielwütigen erzählen vom existentiellen Risiko des Erwachsenwerdens in der Leistungsgesellschaft. Wer, wenn nicht wir, die fiktive Biografie von Gudrun Ensslin und Bernward Vesper, Veiels erstem Spielfilm, lotet die innere Abhängigkeit der RAF-Generation von den Mustern ihrer vom NS geprägten Eltern aus. Black Box BRD, sein bekanntester Film, stellt die Welt des Bankmanagers und RAF-Opfers Alfred Herrhausen der des RAF-Terroristen Wolfgang Grams gegenüber und öffnet angesichts globaler Krisen den Blick auf die abgeschottet agierende Kaste der Investmentbanker – ein Stoff, den Veiel in dem Theaterstück Das Himbeerreich äußerst erfolgreich weiterentwickelt hat. Der Kick, eine minimalistische Theaterperformance und deren Verfilmung verdichten reale Aussagen und Reflexionen über einen brutalen Mordfall unter Jugendlichen zu einem beunruhigend exemplarischen Bild der Nachwendezeit.
Mit Joseph Beuys, seinem bei der Berlinale 2017 uraufgeführten Porträt des Künstlers, kehrt Andres Veiel zur Kernfrage seines Werks zurück. Was tragen Theater, Film und Kunst, wie Beuys sie vertrat, zur Veränderung verkrusteter gesellschaftlicher Verhältnisse bei?
Claudia Lenssen stellt Werk und Wirkung von Andres Veiel anhand eines monografischen Textes, eines Gesprächs mit dem Künstler und ausführlichen Materialien vor
- Veröffentlicht am Freitag 15. November 2024 von Schüren Verlag GmbH
- ISBN: 9783894727178
- 240 Seiten
- Genre: Autobiographien, Biographien, Film, Musik, Sachbücher, Theater