Ashantee

Afrika und Wien um die Jahrhundertwende

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‚Das soll die Schönste sein‘ sagen die Besucher, ‚eine beauté ihrer Heimath. Wo liegt dieses Aschanti?! Nun, für eine Negerin – – -. Stolz ist sie, wirklich unsympathisch. Was glaubt sie eigentlich, dieses Mohrl?! Eine Ehre sollen wir uns machen, ihren Schmarren zu kaufen?! Nicht einmal ansehen möchte sie uns, während sie unser Geld nimmt für Le Ta Kotsa, Zahnkraut. Gewiss ein Schwindel. Hast du Heimweh?! Unsere Verkäuferinnen würden ein schlechtes Geschäft machen. Musst freundlich sein, Schatzerl, thut dir ja Niemand was. Frieren thut sie, der arme Hascher. No no no, nur nicht gleich aufbegehren! Was bist Du zu Hause?! Eine Gnädige?! Du wirst es noch billiger geben. Ein arroganter Fratz. Adieu. Es ist nichts aus ihr herauszubekommen. Goodbeye, Mohrl, thu´ dir nichts an. Es wird schon besser werden. Servus.‘
‚Bènjo, bènjo – – – – -!‘ (Geh´ zum Teufel, packe dich.)
Schauplatz dieser Szene aus Peter Altenbergs Skizzensammlung ‚Ashantée‘ war ein ‚Afrikanisches Dorf‘, das 1896 im Wiener Tiergarten errichtet wurde und in dem mehr als einhundert Männer, Frauen und Kinder vor und für das Publikum ‚lebten‘. Angebliche, imaginierte oder tatsächliche sexuelle Beziehungen zwischen ‚Bewohnern‘ des Dorfes und Wiener und Wienerinnen, Ausflüge, Spazierfahrten, Opernbesuche, gemischte Tanzveranstaltungen, Zusammenstöße und Konflikte heizten das Interesse zusätzlich an und trugen dazu bei, dass sich die ‚Aschanti‘ nachhaltig in der Wiener Erinnerung durch Bezeichnungen für Süßwaren oder Jugendbanden verewigten.
Peter Altenberg, selbst eifriger Besucher des ‚Dorfes‘, stellte als einer der wenigen Zeitgenossen öffentlich die Frage nach der moralischen Zulässigkeit der Schaustellung und kritisierte die Tanz- und Brauchtumsszenen als Klischees und Herabwürdigung einer fremden Kultur. Er entwickelte lange vor der Etablierung in der Ethnologie das Konzept einer ‚teilnehmenden Beobachtung‘, gab den Ausgestellten eine Stimme und teilte (freilich nur fiktiv) ihr Leben. Zugleich waren die ‚Aschanti‘ Gegenstand der exotisch-erotischen Projektionen und Obsessionen des ‚inneren‘ Zivilisationsflüchtlings.
Die Neuauflage nach dem Original von 1897 enthält Beiträge von Literatur- und KulturwissenschaftlerInnen, die den faszinierend widersprüchlichen Text neu kommentieren: Robert B. McFarland (Provo/Utah), Silke Kirschnik (Berlin), Kristin Kopp (Columbia) Werner Michler (Wien), Sabrina Rahman (Berkeley), Werner Michael Schwarz (Wien).