Vorbemerkungen: Abenteuer AusLese II
Am Mittwoch, 4. April 2018, ging meine AusLese I durch den Hartung-Gorre Verlag zur Herstellung nach War-schau (und am 8. Juni 2018 wurde der Band mit 668 Sei-ten und Hardcover technisch bestens verarbeitet ausgelie-fert!): Ich war erleichtert und beglückt, dass mir auch die-ses Projekt im selbstgesetzten Zeitrahmen gelang, und ich konnte nicht anders, als schon zuvor eine neue Datei für meine AusLese II – Jahrestagebucharchiv 2018/19 auf-zumachen, obgleich ich natürlich einmal mehr höchst un-sicher war, was daraus werden würde. Denn es ist mir völlig klar, dass mit jedem vergehenden Tag das Risiko des Lebens wächst; doch will ich einfach weiterzuschrei-ben versuchen, solange ich kann. Somit habe ich – bild-lich gesprochen – wieder einmal „einen Schlüssel auf die andere Seite des Baches geworfen“ und muss nun nolens volens nachzuspringen versuchen.
Wie schon in früheren biographischen Schriften gebe ich mich auch im laufenden Jahr 2018/19 nicht ohne einen gewissen beklommenen Genuss immer wieder zeitlichen Vergleichen hin, denn 1958 – 2018 vor 60 Jahren also – war ein sehr wichtiges Jahr für mich: Ich hatte das erste Semester Abendgymnasium erfolgreich absolviert und nun das zweite und dritte (von insgesamt acht) Semester meines „Abenteuers Abendgymnasium“ zu bestehen. Darüber hinaus wollte ich unbedingt mehr Klarheit über meine weitere berufliche Zukunft gewinnen: Seinerzeit besuchte ich das altsprachliche Abendgymnasium Colle-gium Marianum in Neuss am Rhein und wohnte in der Schola Sancti Dominici zu Düsseldorf, auch um meine Tauglichkeit bezüglich monastischer Lebensführung zu testen, denn insbesondere mit dieser Idee war ich ja dort überhaupt angetreten. Das intensive Lernen fiel mir im-mer noch ziemlich schwer, obwohl es Mitschüler gab, de-nen es noch schwerer fiel, was ich damals als kleinen Trost und als eine gewisse Ermutigung empfand. Nicht zuletzt hatte ich seinerzeit als Geschenke des Himmels Freundinnen und Freunde (Engel?), die mein Selbstver- trauen dadurch stärkten, dass sie Vertrauen in mich setz-ten, das „Abenteuer Abendgymnasium“ bestehen zu kön-nen. Doch dieser „Berg“ war riesig (S. 420).
Als einzigartiger Versuch weiterer Selbstfindung entstand im Frühsommer 1958 (2018 vor 60 Jahren) die Idee einer Nahost- und Israelreise („Reise ins Heilige Land“), die sich im August 1958 tatsächlich realisieren ließ, und zwar zusammen mit drei Pfadfindern in Pfadfinderkluft und mit Pfadfinderhut: Mit einem griechischen Schiff von Piräus über Alexandria und Zypern nach Beirut und nach einer Woche Libanon durch Syrien und Jordanien nach Israel, 10 Jahre nach der Staatsgründung: Wir dürften dort tat-sächlich die ersten Pfadfinder aus Deutschland in Israel gewesen sein (vgl. S. 471). Diese Reise werde ich anhand meines damaligen Tagebuchs im Anhang rekonstruieren (S. 455 ff.). Im übrigen sollte sich mein erster Israel-Besuch als ganz außerordentlich nachhaltig erweisen und wirkt über 60 Jahre bis zum heutigen Tag. – Schon für meine AusLese I hatte ich meine damaligen Tagebücher wiederentdeckt, die ich dort ab Anfang April 1957 aus-zugsweise zitiere und auch in AusLese II zum Leben er-wecke: Wie schön, dass diese unikalen Aufzeichnungen erhalten geblieben sind; für mein MenschWerden (Kon-stanz 2012) hatte ich sie relativ wenig genutzt. Wenn ich daraus im folgenden (S. 273) immer wieder zitiere, so se-he ich darin die einzige Möglichkeit, etwas von meinem Leben vor rund 60 Jahren aufzubewahren, das in Spuren darin dokumentiert ist. Zwei Semesterberichte aus den 1960er Jahren informieren über den Anfang meiner Stu-dienzeit an der LMU München und über die letzten Se-mester an der Universität Tübingen. Wie in NachLese, SpätLese und AusLese I, werde ich auch hier wiederum Post, Lektüre, Zeitungsartikel und Fotos archivieren, je-doch selektiver als zuvor.
Bei all dem kommen mir immer wieder Fragen nach Des-tination und Prädestination meines Lebens in den Sinn: Im Rückblick auf meinen Lebenslauf er- scheint mir die-ser wie durch eine unsichtbare Hand gelenkt und geleitet, seit mich im Sommer 1952 (da war ich knapp 15) an der Costa Brava eines Abends die Vision „einer seltsamen Zukunfts-Offenheit“, „Zukunfts-Berufung“ und „Zu-kunfts-Gewissheit“ überkam, ein brennender „Durst auf Leben und Wissen“, woraus sich eine Art philosophisches „Fernweh“ entwickelte, das durch neuentdeckte Literatur (z.B. José Ortega y Gasset) und lebensentscheidende Ge-spräche (wie z.B. am 30. Juli 1956 im Pfälzerwald mit P. Dr. Rochus Spiecker OP) immer stärker entfacht wurde und in einem wahren Rausch von Arbeit nach und nach verwirklicht werden konnte. Nicht erst heute erfüllt mich allergrößte Dankbarkeit, dass ich mein Leben so leben durfte und bis heute le- ben darf, wie es war und ist, und schaffen durfte, was ich schaffen konnte und weiterhin zu schaffen versuche – auch um wenigstens einiges davon in der vor- liegenden AusLese II versuchsweise zu verewi-gen – voraussichtlich der letzte derartige Band. Barúch HaSchém. – 31. März 2019
- Veröffentlicht am Montag 3. Juni 2019 von Hartung-Gorre
- ISBN: 9783866286320
- 678 Seiten
- Genre: Belletristik, Briefe, Tagebücher