Im Zentrum dieser Untersuchung steht die Frage, inwieweit in der Türkei der 1940er Jahre die theoretischen Grundsätze der kemalistischen Musikpolitik innerhalb des staatlichen Rundfunks in die Praxis umgesetzt wurden. Als Hauptquelle diente die türkische Rundfunkzeitschrift Radyo, die von 1941 bis 1949 monatlich erschien und einen qualitativen wie quantitativen Einblick in das Konzept, die Gestaltung und die Durchführung des Musikprogramms von Radio Ankara erlaubt. Das Ziel der türkischen Musikpolitik bestand darin, eine türkische Nationalmusik zu erschaffen, indem man nach den Leitlinien von Ziya Gökalp die türkische Volksmusik mit Techniken der westlichen Kunstmusik verband. Damit war in erster Linie die Harmonisierung der türkischen Volksmusik gemeint. In den 1940er Jahren ist festzustellen, dass diese Leitlinien wie bisher ihre Gültigkeit besaßen, jedoch bei der Etablierung der Nationalmusik nun auch die bisher ausgeschlossene osmanische Kunstmusik berücksichtigt wurde. Während sich die polyphonisierten Volkslieder bei den Hörern einer gewissen Beliebtheit erfreuten, konnten sich die anderen Produkte der türkischen Nationalmusik wie Sinfonien, Opern usw. nicht durchsetzen. Neben der geringen Beliebtheit der westlichen Klassik dürften vermutlich zwei weitere Faktoren eine entscheidende Rolle für den geringen Erfolg der türkischen Musikpolitik gespielt haben. Erstens befand sich die türkische Nationalmusik in den 1940er Jahren noch in ihrer Aufbau- und Entwicklungsphase und zweitens sollte sie schließlich mit der Abwahl der CHP Anfang der 1950er Jahre ihre staatliche Förderung verlieren.
- Veröffentlicht am Dienstag 19. Juni 2012 von University of Bamberg Press
- ISBN: 9783863090272
- 337 Seiten
- Genre: Film, Musik, Sachbücher, Theater