Barbara Brütsch

Leben einer Konvertitin und Mystikerin

von

Die beiden schmerzlichsten Ereignisse der Christenheit waren das große Schisma vom Jahr 1000, die Trennung von Westrom und Ostrom, der römisch-katholischen Kirche von der russisch-orthodoxen Kirche. Das zweite Ereignis war die von Luther, Zwingli und Calvin vollzogene Lösung der protestantischen Gemeinschaften von der Kirche Roms. Die Glaubensspaltung hat der Christenheit sehr geschadet und hat in unzähligen Menschen vor allem in Mischehen schwere Wunden hinterlassen.
Worum es bei der Glaubensspaltung in Tat und Wahrheit ging, hat sich im Schicksal von Barbara Brütsch in geradezu symbolträchtiger Prägnanz verdichtet. Barbara Brütsch war in einer erzkonservativen protestantischen Familie in Hemishofen, das kirchlich zu Stein am Rhein gehörte, aufgewachsen. In Stein am Rhein hatte Zwingli persönlich die Reformation gepredigt und etliche seiner Nachkommen lebten später in Stein am Rhein. Barbara Brütsch war sozusagen eine reine Blüte zwinglianischer Frömmigkeit, abgeschirmt von allem Katholischen. Was Barbara Brütsch zum katholischen Glauben drängte, das war die tägliche Lektüre der Lutherbibel – der Schlaghammer Luthers ’sola scriptura – die Bibel allein‘.
Barbara Brütsch spürte im Inneren eine immer stärkere Sehnsucht nach der Kommunion, nach der in der Bibel verheißenen innigen Gemeinschaft mit Christus. Es ging bei Barbara Brütsch um die Kardinalfrage, welche die Reformation ausgelöst hat, um die Frage nach der Realpräsenz. Luther lehrte: ‚Das ist mein Leib‘, Zwingli lehrte: ‚Das bedeutet meinen Leib.‘ In Barbara Brütsch beginnt ein hochdramatischer Kampf, eine Gewissensentscheidung, die sie um ihr Liebstes brachte, nämlich um die Verbindung zu ihrer Familie. Unter reger Anteilnahme ihres großen Freundeskreises auf reformierter und später auch katholischer Seite wird Barbara Brütsch nun mit allen Glaubenswahrheiten konfrontiert, bis sie dann ganz von sich aus das schriftliche Gesuch um Aufnahme in die katholische Kirche stellt.
Der Autor Raymund Netzhammer bemühte sich als versierter Historiker um strenge Objektivität und würdigte in dieser Kontroverse immer beide Standpunkte.