Basiswissen Politik / Geschichte / Ökonomie

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Manche Worte sind so abgedroschen, dass sie fade im Mund liegen. So dasjenige des Materialismus, das im Alltag meist nur vulgär gebraucht wird. Als philosophischer war dieser Begriff dagegen immer umkämpft. Dabei ging es ihm darum zu begründen, warum das Materielle den Vorrang gegenüber dem Ideellen erhält. Hierfür muss geklärt werden, was Materie ist, wie sie wird und vergeht und was daraus praktisch folgt. Dafür wurde er sinnlich, mecha­nizistisch, spekulativ, historisch und dialektisch formuliert. Materialismus befand sich immer in Auseinandersetzung mit den Wissenschaften, den Religionen, den Philosophien und den gesellschaftlichen Verhältnissen seiner Gegenwart. Ihn zu bedenken, heißt also, seine Geschichte zu verfolgen, dem ­Materie-Verständnis von der Antike bis in die Gegenwart nachzugehen, seine gesellschaftliche Verankerung sowie seine verwendeten Argumentationen nachzuzeichnen. Dabei zeigt sich, dass der Materialismus nicht nur Geburtshelfer der Philosophie in Europa war, sondern auch als ­historisch-dialektisch verstandener im Marxismus seine Sternstunden feierte – und noch heute hoch im Kurs gehandelt werden kann.