Begegnung dreier Berggipfel

Alfred, Alois und Robert Musil

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Die mährische Bauernfamilie Musil aus Rychtarov bei Vyskov brachte innerhalb weniger Jahrzehnte drei Männer von nationaler und internationaler Bedeutung hervor: Alfred Musil (1846 – 1924), Professor für Maschinenbau an der Deutschen Technischen Hochschule Brünn, Inhaber zahlreicher Patente, Hofrat, in den erblichen Adelsstand erhoben; dann sein Neffe Alois Musil (1868 – 1944), sein Neffe, katholischer Priester, dann zum bedeutendsten Erforscher der arabischen Halbinsel aufgestiegen, Verfasser geographischer und ethnographischer Standardwerke, als Christ zum Ehrenscheich der Ruala-Beduinen ernannt, während des I. Weltkriegs Berater des österreichischen Kaisers Karl, nach 1918 Professor in Prag, Mitglied der Royal Academy und zahlreicher anderer hochrangiger Institutionen; schließlich sein Vetter Robert Musil (1880 – 1942), einer der erudiertesten Autoren seiner Epoche, ausgebildeter Militär, Ingenieur, promovierter Philosoph und Experimentalpsychologe, Verfasser der „Verwirrungen des Zöglings Törless“ (1906), des Novellenbands „Vereinigungen“ (1911), des Dramas „Die Schwärmer“, der „Drei Frauen“ (Erzählungen“, 1924) sowie des fragmentarisch gebliebenen Epo-chenromans „Der Mann ohne Eigenschaften“ (1930, 1932). Sie wären sich vermutlich trotz ihrer Verwandtschaft nie begegnet, wenn nicht ein dritter Abkömmling der Familie, der Brünner Technik-Professor Alfred Musil (geb. 1846), der Vater des Schriftstellers, unermüdlich und nicht ganz uneigennützig zwischen den beiden intellektuellen „Berggipfeln“ vermittelt hätte.
Die von Corino herausgegebenen Familienkorrespondenzen und der kleine Schatz an Fotomaterialien aus dem Nachlass von Alois Musil aus Vyškov bieten neue Hintergrundinformationen zum österreichischen „Lawrence von Arabien“ und zu biografischen Irrwegen des Schöpfers des „Mann ohne Eigenschaften“.