Während Künstler der deutschen Romantik wie Friedrich oder Runge inzwischen einen gesicherten Platz in der Kunstgeschichte errungen haben, ist das Bild jener Malergruppe, die eher geringschätzig als Nazarener bezeichnet wird, die sich selbst aber Lukasbrüder nannte, nach wie vor diffus, ihre kunstgeschichtliche Reputation gilt als zweifelhaft, ihre religiöse und weltanschauliche Haltung als obsolet. Im Gegensatz zu der spektakulären Wirkung, die ihr Auftreten einst hervorrief, besteht heute kaum noch ein echtes Interesse an der nazarenischen Kunst und an den ihr zugrundeliegenden Intentionen.
Die vorliegende Arbeit sucht nun diese Intentionen wie auch ihre Umsetzung in künstlerische Praxis aus dem historischen Zusammenhang heraus zu begreifen. Die Französische Revolution bildete mit ihren Hoffnungen und Enttäuschungen die Zäsur zwischen den hochgestimmten Erwartungen der Klassik und der resignativen, rückwärtsgewandten Haltung der Romantiker. Nach der Absentierung der revolutionären Erwartungen wurden Kunst und Kultur zum Residuum der heimatlos gewordenen revolutionären Energien. Die Fundierung von Kunst in Lebenspraxis, ihre Erneuerung aus einer gewandelten, gemeinsamen Lebenspraxis waren die postrevolutionären Prämissen der Lukasbrüder. Diese Intentionen rücken sie in den Zusammenhang der Moderne. Daß sie mit ihren Absichten, wie auch das Projekt Moderne selbst, letztlich gescheitert sind, bezeichnet das Maß ihres künstlerischen Scheiterns im Nazarenertum.
- Veröffentlicht am Sonntag 24. Dezember 1989 von scaneg
- ISBN: 9783892350323
- 222 Seiten
- Genre: Belletristik, Lyrik