Bent10

Eine kleine Reise in den Asperger-Autismus. Jugendroman

von

… ich stand auf und suchte im Regal nach der richtigen Tasse für Bent10.
»Die Blaue?«, wollte ich wissen.
»Nee, die ist für Milch«, ließ mich Bent10 wissen.
»Ich dachte, die weiße Tasse mit dem Marienkäfer ist für Milch?«
»Ist sie ja auch, aber nur für kalte Milch!«
»Und welche Tasse ist für Kakao?«, fragte ich ungeduldig.
»Der gelbe Becher mit dem Mond drauf!«, antwortete Bent10, völlig befremdet ob meines Informationsdefizits. »Aber wenn du noch lange brauchst, wird es der rote Becher mit der kleinen gelben Raupe!«
»Wieso das denn?«, fragte ich.
»Weil der Kakao dann kalt ist und dann der rote Becher mit der gelben Raupe zuständig wird!«
Also nahm ich schnell den gelben Becher mit dem Mond vom Regal, griff irgendeinen anderen Becher für mich selbst und beeilte mich, der Erkaltung des Kakaos in der Glaskanne auf dem Küchentisch zuvorzukommen, der einen Tassenwechsel für Bent10 erforderlich gemacht hätte.
»Welche Tasse ist denn für fast kalten Kakao?«, fragte ich Bent10.
»Jetzt sei nicht albern und setz dich!«

Der 18jährige Sören und sein 10jähriger autistischer Bruder Benedict hüten gemeinsam das Elternhaus, während sich die Eltern für fünf Tage in Dänemark befinden, um dort ein Ferienhaus zu erwerben. Das Haushüten ist mit Problemen behaftet. Doch die Brüder, die bislang ein distanziertes Verhältnis pflegten, finden zusammen. Mehr noch: Sie ergänzen sich. Sie gewähren sich gegenseitig Einblick in ihre Gedankenwelten und profitieren von den unterschiedlichen Ressourcen des anderen.

In dem Roman steht nicht das Asperger-Syndrom des jüngeren Bruders im Vordergrund, sondern das gegenseitige Akzeptieren und Wertschätzen. So gelingt es den Brüdern, auch chaotisch und skurril anmutende Vorkommnisse zu meistern.