Berlin & München – Studien zu Politik und Geschichte

Das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete und die deutsche Besatzungsherrschaft in der Sowjetunion 1941-1945

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Sechs Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs steht die NS-Herrschaft über weite Teile Europas noch immer im Zentrum des zeitgeschichtlichen Interesses. Nach wie vor stellt sich der Forschung die Aufgabe, Lücken in der Geschichte der deutschen Besatzungsherrschaft zu schließen. Mit Andreas Zellhubers Studie liegt nun erstmals eine systematische Untersuchung des 1941 ins Leben gerufenen Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete vor.
Als oberste Besatzungsbehörde für die zivilverwalteten Gebiete der Sowjetunion nahm das mit Alfred Rosenberg besetzte Ostministerium gegenüber vergleichbaren NS-Institutionen eine Sonderstellung ein. Allein die Zentrale in Berlin beschäftigte rund 1.600 Mitarbeiter. Hinzu kamen mehr als 20.000 Beamte, Angestellte, Funktionäre und Offiziere in den okkupierten Gebieten (Baltikum, Weißrussland und Ukraine).
Die Dimensionen des „Mammutministeriums“ stehen im Gegensatz zu dem Bild, das Zeitgenossen und Zeithistoriker von der Leitung und Wirksamkeit der Besatzungsverwaltung überliefern. Rosenberg erscheint als „untüchtiger Philosoph“ im Ministerrang, seine Behörde als schwach, einflusslos und unfähig. Trieb die Verwaltung der Ostgebiete, wie ein Zeitgenosse resignierend feststellte, tatsächlich „mit unausweichlicher Folgerichtigkeit einer Katastrophe zu“?
In Auseinandersetzung mit dieser These fragt Andreas Zellhuber nach dem Russlandbild der deutschen Planungs- und Verwaltungseliten, der Gründungsgeschichte des Ministeriums und den Organisationsstrukturen des Verwaltungsapparates, nach der ideologischen und mentalen Prägung der Mitarbeiter sowie nach dem Verhältnis von Verwaltung und Vernichtung in den besetzten Ostgebieten. Er bringt so die persönlichen und die strukturellen Ursachen für das Scheitern des Ministeriums Rosenberg sowie die Mitverantwortung des Ministers und seines Stabes für den Holocaust in den Blick.