Big Bear

Ein biographischer Essay

von

Big Bear, ein Häuptling der Cree, lebte in einer Zeit des Umbruchs. Die seit Menschengedenken von Generation zu Generation überlieferte Lebensform der Völker der nordamerikanischen Prärie war nicht mehr zu erhalten: der Büffel, der ihnen Nahrung, Kleidung und das Material für ihre Behausungen geliefert hatte, stand vor der Vernichtung. Immer mehr europäische Siedler drängten in die Weiten Kanadas. Hunger, von den Weißen eingeschleppte Krankheiten wie Pocken und Masern, dezimierten die Indianer und zwangen sie, von der kanadischen Regierung diktierte Verträge zu akzeptieren, die das Unvorstellbare Wirklichkeit werden ließen: Die Indianer verloren nach den Büffeln auch ihr Land und damit die Lebensgrundlage. Man versprach ihnen, die Große Mutter, die im unvorstellbar weit entfernten England lebende und für sie stets unsichtbare Queen Victoria, würde die Stelle des Großen Geistes einnehmen und mit ihren unerschöpflichen Mitteln ihre weißen und roten Kinder ernähren. Dennoch weigerte sich Big Bear, einen Vertrag zu unterzeichnen. Der Verkauf des angestammten Landes blieb ihm unvorstellbar. Statt vieler kleiner Reservate, die den indianischen Stämmen als Lebensraum zugewiesen wurden, schwebte ihm ein großes Reservat für alle Indianer der Prärie vor, auf dem eine Fortsetzung ihrer freiheitlichen Lebensformen hätte möglich sein können. Doch es kam anders. Wegen Beteiligung an einer Rebellion, die er in Wirklichkeit zu verhindern versucht hatte, wurde Big Bear zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Der die Weiten der Prärie gewohnte Mann verbrachte seine letzten Jahre im Gefängnis und in Ketten. Rudy Wiebe lässt ihn mit der Vision sterben, das in den Verträgen zwischen der kanadischen Regierung und den Indianern verankerte Unrecht könne durch Neuverhandlungen geheilt werden, die auf indianischer Seite von Menschen geführt werden, die den Weißen ebenbürtig sind.